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Archiv-Artikel

„Infame Unterstellungen“

Quarzsandhandschuhe spielen bei der Polizei nur eine untergeordnete Rolle, sagt Polizeipräsident Glietsch. Scharf greift er die Gewerkschaft an, die mit ihren Vorwürfen die Polizei in Misskredit bringe

DIETER GLIETSCH, 61, ist seit 2002 Polizeipräsident. Kürzlich hat er klargestellt, dass Polizisten keine Klamotten von Thor Steinar tragen dürfen.

VON GEREON ASMUTH UND PLUTONIA PLARRE

taz: Herr Glietsch, Sie haben sich am Mittwoch mit 18 Führern der Einsatzeinheiten getroffen. Brennt wegen der Quarzsandhandschuhe die Luft?

Dieter Glietsch: Überhaupt nicht. Bei dem, was in der Direktion 4 passiert sein soll, spielen Quarzsandhandschuhe für mich eine untergeordnete Rolle.

Ist es ein Kavaliersdelikt, wenn Polizisten Schlägerhandschuhe tragen?

Keineswegs. In der Direktion 4 geht es aber um mehr. Es besteht der Verdacht, dass Vorgesetzte eines Zuges einer Einsatzhundertschaft Druck auf Mitarbeiter ausübten mit dem Ziel, mit unverhältnismäßiger Härte im Einsatz einzuschreiten, und dass sie selbst provoziert haben, um zu eskalieren. Mitarbeiter, die nicht mitmachen wollten, sei das Leben schwer gemacht worden, heißt es. Die Einsatz-Philosophie der Berliner Polizei ist genau das Gegenteil von alledem. Es geht also um weit mehr als um die Frage, ob ein einzelner Mitarbeiter privat beschaffte Quarzsandhandschuhe getragen hat.

Recherchen der taz zufolge sollen von den 1.900 Beamten der geschlossenen Einheiten 20 Prozent Quarzhandschuhe besitzen. Die Gewerkschaft der Polizei bestätigt das in etwa.

Die Einheitsführer bezeichnen das als eine völlig haltlose Behauptung. Sie verwahren sich nachdrücklich gegen die Verleumdung, Quarzsandhandschuhe würden von Führungskräften – also von ihnen – toleriert. Sie betonen, dass die dienstlich zur Verfügung gestellten Handschuhe einen angemessenen Schutz gegen Schnitt und Schlagverletzungen bieten. Es bestünde nicht der geringste Anlass, Quarzsandhandschuhe im Einsatz zu tragen, sagen sie.

Die GdP sagt das Gegenteil.

Ich habe keinen Anlass, der GdP mehr zu vertrauen als meinen Einheitsführern.

Der Polizeipräsident habe keine Ahnung von den Vorgängen in seiner Behörde, argumentiert die GdP.

Das ist eine ziemlich infame Methode. Was da behauptet wird, ist weder belegbar noch widerlegbar. Das wissen die Herren von der GdP ganz genau. Und wenn die Einsatzführer das nicht bestätigen, wird suggeriert, es liege daran, sie würden sich nicht trauen, zum Polizeipräsidenten offen zu sein. Das ist wirklich infam. Die Einsatzführer verwahren sich zu Recht dagegen.

Die Diskussion in den Polizei-Chatforen im Internet hört sich so an, als seien Quarzsandhandschuhe im Berliner Polizeidienst verbreitet.

Kein Einsatzführer kann die Hand dafür ins Feuer legen, dass ein einzelner Mitarbeiter unbemerkt solche Dinger im Einsatz mitführt. Aber die Behauptung lautete, 20 Prozent und Führungskräfte hätten das toleriert. Das erklären die Einheitsführer für abwegig, und ich glaube ihnen. Es handelt sich um sorgfältig ausgewählte Führungskräfte, die ihre Einheiten hervorragend führen und wissen, was vorgeht.

Die Debatte über die Handschuhe erinnert an die Doping-Diskussion im Radsport. Auch da wurden jahrelang kraftsteigernde Mittel eingesetzt. Es gab warnende Stimmen, aber die Funktionäre haben abgewiegelt. Mittlerweile ist der Sport in Verruf geraten. Wie wollen Sie sicherstellen, dass es der Polizei nicht genauso ergeht?

Im Gegensatz zum Radsport wird bei der Berliner Polizei nicht abgewiegelt. Wir können nur tun, was ich ebenso wie die Direktionsleiter getan habe: mit Problemen offen umgehen, über die Vorwürfe reden, uns vergewissern, dass alle begriffen haben, worum es geht. Dazu gehört, möglichst dicht an den Kollegen dran zu bleiben, die auf der Straße arbeiten, hierarchieübergreifende Gespräche führen, wie ich es seit Jahren tue – nicht nur mit der nächsten Führungsebene. Und den Kollegen auch möglichst oft Gelegenheit zu Vier-Augen-Gesprächen geben, damit sie über Probleme sprechen können, wenn es welche gibt. Besser als ich informiert bin, kann man in meinem Amt gar nicht sein.

Im Radsport haben Doping- Kontrollen die Wahrheit an den Tag gebracht. Wird es vor dem Nazi-Aufmarsch am Samstag bei den Polizeieinheiten „Doping-Kontrollen“, also Handschuhkontrollen geben?

Nein. Das ist ganz sicher nicht erforderlich. Wenn es irgendwo noch einen Beamten geben sollte, der im Besitz von Quarzsandhandschuhen ist – er wird sie ganz bestimmt nicht tragen. Weder bei diesem Einsatz noch bei irgendeinem anderen.

Bei den geschlossenen Einheiten ist alles bestens?

Das habe ich doch gar nicht gesagt. Ich habe mich in aller Deutlichkeit zu dem konkreten Fall geäußert. Aber ich sehe keinen Grund, haltlose Unterstellungen, wie sie von der GdP Berlin in die Öffentlichkeit getragen werden, für die Wahrheit über die Berliner Polizei zu halten.