Industriemesse in Hannover: Unternehmen trotzen der Krise
Die Deutsche Industrie gibt sich hoffnungsvoll. Vor allem die Windkraft-Branche blickt positiv in die Zukunft. Passend dazu steigt der Ifo-Index. Warnung vor zu viel Optimismus.
HANNOVER taz | Die nach eigenen Angaben größte Industriemesse der Welt ist am Freitag mit einem positiven Fazit zu Ende gegangen. Man habe sowohl bei Besuchern als auch bei Ausstellern Spitzenwerte erreicht, teilte die Messeleitung in einem Abschlussstatement mit. Die Hannovermesse habe ein Zeichen gegen die Krise gesetzt. Die Messe 2009 war die erste in der Wirtschaftskrise - erst am Mittwoch hatten führende Wirtschaftsinstitute ihre Prognosen zur deutschen Wirtschaftsentwicklung nochmals nach unten korrigiert.
"Lassen Sie doch die Wirtschaft um sechs Prozent schrumpfen", sagt Roland Rüb, Chef der Bremer Firma Smt Systeme. Das Unternehmen mit etwa 30 Mitarbeitern baut Industrieroboter und ist von der Krise getroffen. Als gut aufgestellter Mittelständler könne man aber damit leben, denn in den letzten Jahren hätte das Unternehmen ordentlich verdient und ein Polster aufgebaut. Einstellen würde Rüb derzeit nicht, aber "ich habe das Gefühl, wir haben die Talsohle erreicht".
"Man muss natürlich sehen, dass nur die Mittelständler zur Messe kommen, die es sich auch leisten können", sagt Jürgen Brandes, Ingenieur bei Siemens. Das Unternehmen spüre die Krise schon, das wolle er nicht beschönigen. Aber auch Brandes sieht vorsichtige Zeichen für einen Hoffnungsschimmer. Es gäbe viel interessiertes Fachpublikum, die Qualität der Gespräche sei sehr gut.
Der Anstieg des Ifo-Geschäftsklima-Indexes von 82.2 auf 83.7 Punkte, der am Freitag veröffentlicht wurde, zeichnet ein ähnliches Bild. Der Index bildet die Geschäftserwartungen von Unternehmen ab, insgesamt werden 7.000 Firmen befragt. Sowohl die derzeitige Lage als auch die Aussichten für die nächsten sechs Monate beurteilten die Unternehmen weniger kritisch, sagte Ifo-Chef Hans-Werner Sinn am Freitag. Personal würde jedoch weiterhin reduziert.
Konjunkturexperte Christian Dreger vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung warnt vor zu viel Optimismus: "Die Unsicherheit ist sehr hoch." Man rechne zwar mit einer Erholung ab Mitte 2009, diese werde aber sehr schwach, denn Europa sei mittlerweile sogar stärker als die USA von der Krise betroffen.
Eine Branche, die auf der Messe positiv in die Zukunft blickt, sind die Produzenten von Windkraftwerken. "Wir wollen weiter wachsen, in Europa und Deutschland", sagt Hans-Dieter Kettwig, Vorsitzender der Enercon GmbH aus Aurich in Niedersachsen. Erneuerbare Energien seien weiterhin im Fokus. Wachstum versprechen sich Branchenvertreter auch durch geplante Offshore-Windparks. Am Montag hatten Siemens und EnBW einen ersten Bauvertrag unterzeichnet.
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