■ Inbrust und Präzision: Fünf works in progress bei den Studioperformances in der Tanzwerft
Unermüdlich dreht sich der Kopf mit den knallroten Haaren, die Füße treten rhythmisch auf der Stelle, die Arme versuchen schwungvoll zu fliehen, doch können sich von ihrem Zentrum nicht lösen. Stina K. Bollmann erweitert mit erfindungsreichen Gesten in Trixies Welt den Mechanismus der auseinanderstrebenden Glieder zu einem fließenden Muster aus Repetition.
Drei der fünf Studioperformances der Tanzwerft, die an diesem Wochenende in der Alten Dosenfabrik zu sehen sind, beschäftigen sich mit demselben Thema: die Zersplitterung der Identität. Bollmanns „Trixie“ trägt diesen Namen, weil der Buchstabe „x“ in verschiedene Richtungen weist. Sie bewegt sich auf spannende Weise rastlos in Schleifen, unermüdlich getrieben von dem Begehren zu handeln.
Die Tanzwerft ist 1994 von der Kulturbehörde in Altona als ein Ort etabliert worden, an dem die Tanzschaffenden Hamburgs drei Trainingsräume gegen geringe Mietzahlungen nutzen können, um sich für Aufführungen auf anderen Bühnen vorzubereiten. Sie versteht sich als Pool der freien TänzerInnen und ChoreographInnen in der Stadt, die sich hier austauschen und unterstützen. Seit Ende 1997 treten die jeweils dort probenden Performer alle vier Monate mit „work in progress“-Produktionen an die Öffentlichkeit.
An diesem Wochenende tanzt Gabriele Gierz in Fragmente eine telefonsüchtige Frau, Victoria Hauke läßt ihre Bewegung in Twist von den Füßen und nicht vom Kopf leiten, und in Denkbewegungen von Stefanie Wolf suchen vier Tänzerinnen nach Formen der Gemeinschaft. Sasa Queliz hat sich mit Außerhalb der Zeit die Aufgabe gestellt, das opulente Gemälde „Der Garten der Lüste“ von Hieronymus Bosch in Bewegung umzusetzen. Mit Inbrunst und Präzision schafft sie durch Posen und Ausdruck einen Park, in dem es von irdischen Gestalten wimmelt. Mal Vogel, mal Pietà oder Furie oder verkrüppelt wechselt die Tänzerin ihre Erscheinung, angetrieben von der Frage, was bliebe, wenn all die angenommenen Identitäten wegfielen. Die Antwort zeigt sie beeindruckend selbst. Gyde Cold
heute bis Montag, jeweils 20.30 Uhr, Tanzwerft, Alte Dosenfabrik, Haus B, Stresemannstraße 374
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