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Press-SchlagIn diesen Zeiten

■ Neue Mode: die Treue zum Trainer

Norbert Thines liebt die Kraft der Symbolik. Ein kerniger Handschlag unter Männern besiegelte die Fortsetzung eines Angestelltenverhältnisses, und der Präsident des 1. FC Kaiserslautern sprach „von diesen Zeiten“, in denen es nötig sei, „ein Zeichen zu setzen“. Diese Zeiten: Arbeitslosigkeit, Vulkan Verbund, Standortsicherung. Auch in der Pfalz, wo der sportliche Konkurs drohte. Insofern mag man letztwöchigen Pokalerfolg gegen zehn schlappe Leverkusener als eine Art Vergleichsverfahren betrachten.

Trotz des 0:2 gegen den VfB Stuttgart soll Rausch also in Kaiserslautern erhalten bleiben, ein Umstand, der vor kurzem noch undenkbar schien, zumal gerüchteweise seine Abwanderung nach Frankfurt kolportiert wurde. Aber kann man da glücklich werden? Immerhin ist auch dort der Treueschwur zum Übungsleiter seltener geworden. Stepanovic hat aufgegeben, Heynckes erst die Mannschaft ruiniert und ist dann in den Süden geflohen. Zurückgelassen der treue Charly, Karl-Heinz Körbel, diese Ikone von Assistenztrainer. Jetzt, so heißt es, will die Chefetage der Eintracht auch ihn schon nicht mehr, und recht empört und wirklich wütend waren die Fans, wobei Volkes Zorn sich nicht nur gegen die Mannschaft richtete, welche dem SC Freiburg im Waldstadion 0:1 unterlegen war, sondern auch gegen den Vorstand. Wenn der Charly gehen muß, finden die Fans, sollten Manager Bernd Hölzenbein und Präsident Matthias Ohms gleich mit verschwinden.

Körbel sagt, er habe sich nichts vorzuwerfen: „Soll ich mich jetzt irgendwo eingraben?“ Nun, zu derlei Geste besteht trotz desolatester Mannschaftsleistungen kein Anlaß. Es gibt wichtigere Dinge im Leben als Fußball. Und Körbel posaunt unerschrocken, er wolle weiterkämpfen. Das eint ihn, wie so manches übrigens, mit dem Kölner Coach Stephan Engels, dessen Arbeitsplatz durch das 0:1 gegen Karlsruhe nicht eben sicherer geworden ist. Beide haben sie als tüchtige Recken zu Felde etliche Verdienste und Tapferkeitsmedaillen erworben in ihren Vereinen und mithin etliche Reputation bei den Fans, weshalb es gar nicht so einfach ist, die Herren wieder loszuwerden, ohne die Kundschaft auf die Barrikaden zu treiben (in Köln wörtlich zu nehmen).

Aber seit Körbel und Engels die Trainerverantwortlichkeit übernommen haben, spielen die Teams schlechter denn je. Alpträume werden die beiden dennoch nicht bekommen nach diesem Spieltag der wackelnden Trainerstühle, und wenn doch, sollten sie sich Jörg Berger (vormals Frankfurt) zum Beispiel nehmen: Der ist auf bestem Wege zum längstamtierenden Schalke-Coach aller Zeiten. Was beweist, daß dereinst auch wieder gute Tage kommen mögen. Markus Götting

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