: In den Krieg treibendes Foto
■ betr.: „Serbischer Großangriff auf die UN-Schutzzone Zepa“, taz vom 15./16. 7. 95, „Empörungspe gel nimmt US-Senat in die Pflicht“, taz vom 25. 7. 95
In der Wochenendausgabe der taz sprang dem auf die Kriegsgreuel in Bosnien hochsensibilisierten Leser auf Seite 1 ein Foto ins Auge, das ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ. Eine junge Frau hatte sich erhängt, in einem sonnendurchfluteten Laubwald, irgendwo bei Tuzla, die Serben hatten sie in den Tod getrieben. Die gleiche Ausgabe der Bild-Zeitung, das gleiche Foto an der gleichen Stelle mit einer ähnlichen Bildunterschrift, nur ein kleiner Unterschied: Das Foto war in Farbe. Und inzwischen ist das Foto also auch bis nach Amerika vorgedrungen. In der taz vom 25.7. schreibt Andrea Böhm, daß es dieses Foto war, das „... die Männer im ,Weißen Haus‘ die Fäuste ballen ließ“. [...] Somit hat das Foto, symptomatisch für die westliche Horror- Kriegsberichterstattung aus Bosnien-Herzegowina, seinen Zweck erfüllt. Wieder einmal hat der propagandistische Sensationsjournalismus zugeschlagen, der nichts anderes will, als erschüttern, um schließlich eine erschütterte Welt in den Krieg zu treiben. [...] Florian Scheibe, Bremen
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