■ In Südafrika wurde der ANC-Politiker Chris Hani ermordet: Neue Verantwortung für Mandela
Hätte Chris Hani gelebt, er wäre noch ein einflußreicher Mitgestalter des neuen Südafrika geworden. So wird es sein Tod sein, der aller Wahrscheinlichkeit nach dem politischen Fortschritt am Kap entscheidende Impulse gibt. In einem Land, das in den letzten Jahren zwischen politischem Mord und Massaker, Attentat und begrenztem Bürgerkrieg gependelt ist, heißen die Wendepunkte Bisho und Boipatong. Und jetzt Hani.
Denn die Schüsse auf Chris Hani haben nicht nur seine politischen Freunde getroffen. Sie haben nicht nur bei den jungen Menschen in den Townships, die ihn als mutigen, prinzipientreuen Mann des Volkes verehrt und geliebt haben, Trauer und Wut hervorgerufen. Sie sind nach einer Woche, in der Mandela und Hani mit den Verursachern der Gewalt in ihren eigenen Reihen hart und öffentlich ins Gericht gegangen sind, auch für die Weißen und ihre Regierung ein Signal gewesen: Die Alternative zu einer schnellen Einigung mit dem ANC über eine Übergangsregierung – soviel verstehen heute de Klerk und seine Anhänger – heißt Jugoslawien.
Mandela geht aus diesem Wochenende gestärkt hervor, er ist faktisch Ko-Präsident Südafrikas geworden. Aber mit dem neugewonnenen Status kommt auch eine enorme Verantwortlichkeit für den Frieden. Er wird in den nächsten Tagen natürlich nicht verhindern können, daß es zu einzelnen Übergriffen kommt, wie gestern auf Journalisten in Katlehong, südlich von Johannesburg. An ihm und der ANC- Führung wird es aber liegen, den radikalen jungen Township-Bewohnern mit den massiven Gedenkveranstaltungen für Chris Hani in ganz Südafrika am Mittwoch deutlich zu machen, daß sie noch einen Platz im politischen Prozeß des Landes haben.
Stephen Laufer, Journalist bei der südafrikanischen Zeitung Weekly Mail
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