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In Segmente geteilter Liebhaber

■ Die sechsten Lesbisch-Schwulen Filmtage mit über 160 Filmen in drei Kinos zeigen das Unbehagen mit Geschlechterdifferenzen

Zehn Lesbisch-Schwule Filmtage in Hamburg – das Ereignis zum Unbehagen der Geschlechterdifferenz. Das Angebot ist massiv und nur anhand des 78seitigen Heftchens überschaubar, das im Metropolis, 3001, Alabama und sonstwo ausliegt. Wer sich verloren fühlt, kann vom 20. bis 28. Oktober zum extra für die Filmtage eingerichteten Nachtcafé in die Hopfenstraße 28 kommen.

Das Festival beginnt am Donnerstag mit Fanci's Persuasion, dem Regie-Debüt von Charles Herman-Wurmfeld. In der schrillen, tuntig-lesbischen Kostüm-Komödie drohen magische Ereignisse, die Hochzeit von Fanci und ihrer Freundin Loretta zu verhindern.

Auch wenn solche professionellen Eineinhalbstunden-Streifen ihnen langsam die Show stehlen, sind die Kurzfilmprogramme nach wie vor Schwerpunkt der Filmtage. Die lesbischen Ensembles mit bis zu elf Minifilmen heißen Kurze Frauen-Heimatkunde, Schöner Lesben, Bad Girls Go Everywhere, Girls Just Wanna Have Fun, Greetings From..., Kommt Mausi, Fingers & Kisses und Spiel Ohne Grenzen. Die schwulen Kurzfilme sind länger geworden, deshalb sind weniger von ihnen zusammengefaßt: Himmlische Körper, Tribut an Jack Smith, den genialen 1989 an AIDS gestorbenen Performance-Künstler und -Filmer, Growing Up über schwules Erwachsenwerden, Kurze Männerheimatkunde, Schwules Mischeinander und The Third Gay Men's Safe Sex Video Awards. Transgender dokumentiert in vier Filmen die Situation Transsexueller.

Was die abendfüllenden Spielfilme angeht, so ist da zum Beispiel die Deutschlandpremiere von Costa Brava zu besichtigen, der Film der Katalanin Marta Balletbò-Coll über ein witziges lesbisches Coming-Out, oder Girl Attack aus den USA mit demselben Thema. Während viele lesbische Filme entweder ganz besonders komödiantisch oder eher pathetisch daherkommen, wirken die schwulen Filme vielschichtiger, zum Teil ironischer und insgesamt innovativer. Die schwulen Filme spielen mehr mit der Kamera und ihren Charakteren, so zum Beispiel in Frank's Cock, wo die Leinwand in sechs Segmente mit verschiedenen Abläufen aufgeteilt ist, während Frank's Liebhaber ein Hohelied auf ihre Liebe vorträgt. Doch Frank hat AIDS und liegt im Sterben.

Eine Thematik, die sich in verschiedenen Variationen durch fast alle schwulen Filme zieht. In The Last Supper von Cynthia Roberts inszeniert ein junger Tänzer seinen Tod; der Hauptdarsteller starb wenige Tage nach Drehschluß. Bedrückend unmittelbar ist auch der reale Hintergrund von Life Is A Woman von Zhanna Serikbajewa. Die Darstellerinnen sind Laien, gefangene Frauen in Kasachstan spielen Gefangene.

Ulrike Winkelmann

Die meisten der hier genannten Filme laufen im Metropolis. Einen kommentierten Überblick bietet das Programmheft.

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