: In NRW schützt die Politik Umweltsünder
Düsseldorf (taz) — Im Umweltschutz tätige Beamte werden von Vorgesetzten gehindert, Strafanzeigen gegen Umweltsünder zu erstatten. Kriminalbeamte vermuten „Kumpanei“, „ Filz“ und „Klüngel“. Einzelne sprechen vom „Verdacht der Bestechung“. Zumindestens der Verdacht „ist aufgrund unserer empirischen Erfahrungen nicht völlig abwegig“. Insgesamt bieten die für die Kontrolle von Umwelt und Umweltschutzauflagen zuständigen Behörden in NRW „das Bild einer chronischen Mängelverwaltung, die im Einzelfall unter beträchtlichen politischen Pressionen leidet. Es entstehe das Bild einer Behörde, „die partiell ihren Aufgaben nicht nachkommen kann“.
Starker Tobak - aber all das steht in einem Forschungsbericht des Kriminologischen Seminars der Universität Bonn. Die Wissenschaftler hatten ihre Untersuchung im Auftrag des NRW- Umwelt- und Justizministeriums erstellt. Acht Monaten hielten die beiden Minister Klaus Matthiesen und Rolf Krumsiek das brisante Werk unter Verschluß. Gestern öffneten die NRW-Grünen die ministeriellen „ Giftschränke“.
Für Michael Vesper, den parlamentarischen Geschäftsführer der grünen Landtagsfraktion, belegt der Forschungsbericht „die erschreckende Mißachtung der Umweltgesetze in NRW“. Die Grünen fordern nun den Einsatz eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses, um die Frage zu klären, „ob die Umsetzung des Umweltrechtes in NRW durch den Druck von Politikern, Industrie und Verwaltungsspitzen verhindert wird“.
Die Bonner Forscher hatten für die Studie umfangreiche Befragungen bei den Bediensteten der Umwelt- und Strafverfolgungsbehörden des Landes durchgeführt und insgesamt 1023 Fragebögen ausgewertet. 12 Prozent der Befragten gaben an, mindestens einmal von Vorgesetzten an der Erstattung von Strafsachen gehindert worden zu sein. 40 Prozent berichten von regelmäßigen politischen Pressionen durch die Anlagenbetreiber. Den Befragten zufolge werden z. B. auf Druck von Kommunalpolitikern „negative Tatsachen in Gewässergüteberichten gestrichen“. Regierungspräsidenten versuchen beim Gewerbeaufsichtsamt „negative in positive Stellungsnahmen zu ändern“ und Oberstadtdirektoren leisten sich „ massive Eingriffe“ bei den städtischen Umweltbehörden. Eine schonungslose Analyse, die am Mittwoch schon Wirkung zeigte: Düsseldorfs Umweltminister Matthiesen blieb stumm. Stundenlang kam aus der sonst so flinken PR-Abteilung seines Hauses kein Wort.... Walter Jakobs
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