: In Albanien stürzt Stalin vom Sockel
Tirana (dpa) — In Albanien wurde gestern eine „Entstalinisierung“ eingeleitet. Nach der Demontage des Stalin-Denkmals im Zentrum der Hauptstadt Tirana beschloß das Politbüro der Kommunistischen Partei offiziell, daß „mit sofortiger Wirkung“ alle Symbole Stalins im ganzen Land entfernt werden sollten. Gleichzeitig entschied das Politbüro nach einem Bericht der Nachrichtenagentur 'ata‘, daß alle Staatsunternehmen und Institutionen, die bisher den Namen Stalin getragen haben, ihren Namen ändern müssen.
Wie die jugoslawische Nachrichtenagentur Tanjug am Freitag meldete, haben Arbeiter in der Nacht die überlebensgroße Bronzestatue von ihrem Sockel abmontiert und auf einem Lastwagen mit unbekanntem Ziel abtransportiert. Viele Zuschauer habe es dabei nicht gegeben. Das gegenüberliegende gleichgroße Denkmal Lenins sei an seinem Platz belassen worden.
Die Demontage Stalins erfolgte nur Stunden nach dem Rücktritt einer „Legende“ aus der stalinistischen Zeit: die fast 70jährige Witwe des kommunistischen Staatsgründers Enver Hodscha, Nexhmije Hodscha, gab ihr Amt als Vorsitzende der politischen Massenorganisation Demokratische Front Albaniens „aus Altersgründen“ auf.
Zu ihrem Nachfolger wurde, wie die albanische Agentur 'ata‘ meldete, Ministerpräsident Adil Carcani gewählt. In ihrer Abschiedsrede hatte sich Frau Hodscha prinzipiell zu den Reformen Alias bekannt und die zum Teil gewalttätigen Demonstrationen der vergangenen Woche scharf verurteilt.
Trotz des politischen Tauwetters versuchen albanische Grenzsoldaten mit Gewalt den anhaltenden Flüchtlingsstrom am Grenzfluß Bojana nach Jugoslawien zu stoppen. Polizeiberichte vom Donnerstag sprechen von vier erschossenen Flüchtlingen. Die Tatsächliche Zahl der Todesopfer sei vermutlich noch höher.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen