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Immer wacker beweisen – gegen unsichtbare Barrieren an

■ Endspurt und Zusammenrottung der Frauen bei der Leistungsschau in Alma Hoppes Lustspielhaus noch bis Sonntag

Wer ständig was beweisen muss, wirkt immer ein bisschen krampfig. Und wer geballt präsentiert, was Frauen so alles können, macht sich deshalb schon mal von vornherein verdächtig. Denn warum, so könnte man fragen, muss in geballter Form weibliches Kabarett – wie noch bis Sonntag als Frauenleistungsschau in Alma Hoppes Lustspielhaus – präsentiert werden? Wäre es nicht sinnvoller, innerhalb eines gemischten Programms zu agieren?

Alles richtig, würde Lisa Politt, Macherin der Frauenleistungsschau antworten, findet ja parallel auch alles statt. Aber es sind unsichtbare Barrieren, die Frauen weiterhin ausgrenzen, und vielleicht ist es gerade das, was diese unsere Gesellschaft so undurchsichtig macht: Dass eben kaum noch jemand zugibt, dass er aus geschlechtsspezifischen Gründen jemanden nicht einstellt. Die feinen gläsernen Wände sind es, die oft Frauen zu schaffen machen, die oft dahingehend erzogen sind, mit entwaffnender Ehrlichkeit ihre Motive preiszugeben.

Und hier möchten Kabarettistinnen wie Nessi Tausendschön ansetzen, jene winzigen Lügen zutage fördern, die Frauen oft nicht einmal mehr bemerken: „Die Frau ist das beste Thermometer für den Krankheitsgrad einer Gesellschaft“, hat die libanesische, inzwischen im Pariser Exil lebende Autorin Hoda Barakat gesagt, und wenn diese Gedanken auch nicht neu sind, gibt auch hierzulande manches zu Verblüffung Anlass: Wie viel tausendmal sieht man Frauen dem nicht endenden Redefluss ihrer Partner lauschen, ohne dass sich in Gehalt und Form des Gesprochenen irgendetwas nennenswert Informatives fände? Wie oft sieht man Frauen ihre Langeweile mühsam im Wein ertränken, weil sie keine andere Fluchtmöglichkeit sehen? Und wie viel hat dieses Verhaltensmuster mit der viel beschworenen Emanzipation zu tun?

Da sollen Frauen (und alle, die sonst noch wollen) doch lieber den Ironismen einer Rosa K. Wirtz im Lustspielhaus lauschen, die seit 1997 künstlerische Leiterin des Kölner Atelier-Theaters ist. Oder den zelebrierten Peinlichkeiten der in Reutlingen geborenen, in Hamburg lebenden Käthe Lachmann folgen, die den Alltag bis ins Detail seziert. Francesca de Martin wiederum wundert sich, dass ihr im „Land der kranken Chakren“ keiner auf den Busen guckt.

Dem Musikkabarett aufhelfen will Barbara Kuster aus Potsdam, die weit mehr als die Vorgruppe von Nessi Tausendschön sein möchte, die den „Salzburger Stier 2000“ gewann und mit Chansons durchsetzte Wahlkampfreden an ihr Publikum richtet. Eher slapstickartig betrachtet Janice Perry das Leben, wird sie doch in der Presse als „Hurrikan“ bezeichnet, und schließlich beehrt das Publikum die aus Thüringen stammende, inzwischen am Deutschen Theater Berlin agierende Cornelia Schirmer mit Liedern aus der Ex-DDR. Und wenn man das hinter sich hat – kann man eigentlich nur noch auf das Solokabarett von und mit Hilder Wackerhagen warten, das, vermutlich, entwaffnend ehrlich unseren grauen Alltag geißeln wird. Petra Schellen

Rosa K. Wirtz, Francesca de Martin, Käthe Lachmann: Donnerstag. Barbara Kuster, Nessi Tausendschön: Freitag. Lisa Politt, Janice Perry: Sonnabend. Cornelia Schirmer, Hilde Wackerhagen, moderiert von Maren Kroymann, Lisa Politt (Abschluss-Gala): Sonntag. Alle Vorstellungen in Alma Hoppes Lustspielhaus, jeweils 20 Uhr

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