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Archiv-Artikel

Immer neue Löcher

Hannover 96 holt zweimal einen Zwei-Tore-Rückstand auf und bietet mit insgesamt acht Toren wieder beste Unterhaltung. Die Abstiegssorgen werden durch das Remis gegen Dortmund größer

Aus Hannover ROGER REPPLINGER

Es hätte auch 6 : 6 oder 9 : 9 ausgehen können. Irgend so ein Ergebnis, wie es andere Sportarten kennen, Fußball nicht.

Es blieb dann beim 4 : 4 (1 : 2) zwischen Hannover 96 und Borussia Dortmund. Die Dortmunder lagen zweimal mit zwei Toren in Führung, am Ende bekamen sie nur einen Punkt. „Das kennt man als gefühlte Niederlage“, sagte Dortmunds Trainer Jürgen Klopp, während sein Kollege Dieter Hecking von „einem gewonnen Punkt“ sprach. Hannover, das auswärts bislang nur einen Punkt holte, spielt nun bei Hoffenheim und Bremen und hat nur noch drei Zähler Vorsprung vor der roten Zone.

Die 49.000 Zuschauer in Hannover bekamen zwei wackelige Abwehrreihen zu sehen, ’96 begann mit den Innenverteidigern Frank Fahrenhorst und Michael Schulz. Fahrenhorst war unsicher und kam zur zweiten Halbzeit nicht wieder, offizielle Begründung: Adduktorenzerrung. Hecking hat zwei schwer verletzte Innenverteidiger: Valérien Ismaël und Vinicius. Ismaël hat Ödeme im rechten Knie, Vinicius einen Bandscheibenvorfall. Außerdem hat Hecking zwei Innenverteidiger, die rätselhaft schwache Leistungen abliefern: Mario Eggimann und Fahrenhorst.

Hecking baute seine Mannschaft um: Hanno Balitsch ging in die Innenverteidigung, die damit aus zwei gelernten defensiven Mittelfeldspielern bestand. Für den angeschlagenen Linksverteidiger Michael Tarnat (39) kam Konstantin Rausch, der am folgenden Tag 19 wurde. Es wurde kaum besser, weil nun in Hannovers defensivem Mittelfeld Leon Andreasen und Jan Rosenthal Probleme hatten. Hecking stopft ein Loch und reißt damit neue auf.

Gegen Hoffenheim wird ihm Christian Schulz mit der fünften gelben Karte und wohl auch der verletzte Fahrenhorst fehlen. „Mal sehen, ob wir da einen Offensivspieler in die Innenverteidigung stellen“, unkte Hecking.

Nach vorne ging es dafür umso lustiger. Alexander Frei mit einem Foulelfmeter (17.), den Tarnat an Nuri Șahin verschuldet hatte, und Florian Kringe (27.) brachten Dortmund mit 2 : 0 in Führung. Der Elfer war die unwichtigste Folge des Fouls von Tarnat. Beide, Șahin und Tarnat, verletzten sich und mussten ausgewechselt werden. Șahin sofort, für ihn kam Kringe, der zu einer spielentscheidenden Figuren avancierte.

Der erneut überragende Jiří Štajner, der mit fast 33 Jahren seine beste Saison in Hannover spielt, schaffte noch vor der Pause nach einer Ecke von Arnold Bruggink per Kopf den Anschluss (42.). Štajners siebtes Saisontor.

„Sie werden es mir nicht glauben, aber das Verhalten bei Ecken war abgesprochen“, versicherte Klopp später, „wir wussten, dass Bruggink den Ball an den kurzen Pfosten spielt, und was wir da tun müssen. Aber als Trainer muss man sich damit abfinden, dass es dann trotzdem nicht klappt.“ Hecking hatte seiner Elf gesagt, dass Dortmund bei Ecken niemanden am kurzen Pfosten stehen hat. „Das wussten wir“, bestätigte Bruggink.

Der Ausgleich erzielte der Niederländer Bruggink wenig später selbst, indem er einen Eckball direkt verwandelte (48.). „Heute können wir unsere Standards loben“, fand Hecking.

Kringe (62.) und Frei, mit einem satten Schuss (65.), brachten die Borussia wieder mit zwei Toren in Führung. Doch der eingewechselte Mike Hanke machte per Kopf sein zweites Saisontor (80.), nun stand das Spiel auf Messers Schneide. Nelson Valdez tauchte fünf-, sechsmal allein vor Enke auf, auch in dieser Phase mehrfach, und machte dann doch nicht das entscheidende Tor. „Trotz der vier Tore, die wir geschossen haben, kann von einer guten Chancenauswertung keine Rede sein“, ärgerte sich Klopp. Zurecht, denn in der 83.Minute foulte Neven Subotić Hannovers Stürmer Mikael Forssell im Strafraum, Schiedsrichter Felix Brych, pfiff, und Forssell verwandelte den Elfmeter selbst.

„Nun sind wir auswärts gefordert“, sagte Hecking, „wir wollen in Hoffenheim etwas mitnehmen, um aus der Drucksituation, zu Hause gewinnen zu müssen, herauszukommen.“ Hannover steckt im Abstiegskampf und der wird dauern. Womöglich bis zum Schluss.