Immer mehr TV-Bilder von Fußballverbänden: Schöne heile Fußballwelt
Bei der Fußball-EM trat die Uefa erstmals als TV-Produzent auf. In der Bundesliga ist es längst üblich, dass der Verband Bildmaterial liefert. Der Trend weitet sich aus.
Michel Platini, der Präsident des europäischen Fußballverbands Uefa, hat sich mit einem schönen Satz zitieren lassen: "Die Uefa hat die Aufgabe, die Menschen mit dem Fußball glücklich zu machen und ein schönes Image zu vermitteln." Die Aussage ist insofern gequirlter Unsinn, als Wesentliches ausgespart ist, aber es ist ja auch Platinis Job, gequirlten Unsinn zu reden. Der Mann ist Uefa-Präsident!
Das Wesentliche wurde im Lauf der sogenannten "Uefa-euro2008" hier und da dann doch auch diskutiert: Die Uefa agierte während des Fußballturniers erstmals selbst als Produzent der TV-Bilder - und machte so mit dem Fußball Menschen glücklich und vermittelte ein schönes Image: Man sah nicht die Rauchbomben beim Spiel Österreich gegen Kroatien. Man sah nicht den Flitzer, der übers Feld wieselte - im EM-Finale 2004 war der Flitzer Jimmy Jump noch in voller Pracht im Bild gewesen, als er während des Spiels in ein Tornetz sprang.
Wird dem Fernsehpublikum eine schöne heile Euro-Fußballwelt vorgegaukelt?, fragte die Schweizer Nachrichtenagentur SDA also. Und die Antwort lautete: Ach was. Die Uefa übe keine Zensur aus, sie wolle aber "Chaoten keine Plattform bieten", sagte Sprecherin Pascale Vögeli. Auch beim ZDF war und ist man nicht gewillt, "Skandal!" zu rufen. Zumal die Bildregie von renommierten Regisseuren übernommen worden sei und nationale Anstalten, ARD und ZDF etwa, bei der EM schließlich auch eigene Bilder zeigen durften, wodurch etwa die Bundeskanzlerin auf der Stadiontribüne ihren Weg ins deutsche Fernsehen fand.
Erstmals allerdings wurde dank der Uefa-Praxis (die auch eine Praxis des Fußballweltverbands Fifa ist) eine breitere Diskussion darüber geführt, dass ein Gegenstand der Berichterstattung zum Produzenten der Bilder über das eigene Ereignis wurde. Allerdings ist das in der Bundesliga gang und gäbe; die Bundesliga-Bilder werden seit 2006 von Sportcast, einer 100-prozentigen Tochter der Deutschen Fußball-Liga (DFL), erstellt.
Insofern bot die EM also kein Skandalpotenzial - aber sie manifestierte eine Tendenz, die sich zu verstärken droht: Bei der Vergabe der Bundesligarechte ab 2009 wollen Leo Kirchs Firma Sirius und die DFL nicht nur die Bilder produzieren, sondern auch den Kommentar für die Live-Übertragung sowie fertige Sendungen, etwa für Vorberichterstattung und Halbzeitpause.
Bei Premiere hat man sich dementsprechend skeptisch darüber geäußert. Zumal es nicht nur journalistisch fragwürdig wäre, würde die DFL die Bundesliga-Berichterstattung mitbestimmen. Sondern auch in anderer Hinsicht: Zu den Medienbeteiligungen Kirchs, der mit der DFL zusammenarbeitet, gehört auch das Deutsche Sport-Fernsehen. Premiere würde für die Produktion von Sendungen bezahlen müssen - die das DSF dann ebenfalls nutzen kann.
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