piwik no script img

Image ramponiertSchwarz gegen Gelb gegen Schwarz

Die umstrittene Spendenpraxis der Partei zieht das Image von Schwarz-Gelb weiter in Mitleidenschaft. Nicht die einzige Baustelle, mit der sich Angela Merkel beschäftigen muss.

Banane mit Altersflecken (Makro-Fotografie). Bild: Quinn Dombrowski – Lizenz: CC-BY-SA

In Nordrhein-Westfalen muss Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) wegen der Sponsorenpraxis in seiner Partei wenige Wochen vor der Landtagswahl um seine schwarz-gelbe Regierungsmehrheit bangen. Das ist für CDU-Chefin Angela Merkel schlimm genug. Doch nachdem nun bekannt geworden ist, dass auch die Union in Sachsen Unternehmen auf Parteitagen durch persönliche Begegnungen mit dem Ministerpräsidenten lockt, könnte der sich ausweitende Spendenskandal das schlechte Image von Schwarz-Gelb weiter in Mitleidenschaft ziehen. Und Merkels Parteifreunde und Koalitionspartner haben es ihr auch an diesem Wochenende nicht leichter gemacht.

So kündigte im Streit über die geplante Gesundheitsreform Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) am Samstag sein Veto gegen eine Umstellung auf pauschale Beiträge an. Der Vorsitzende der Unionsfraktion, Volker Kauder (CDU), hingegen bekannte sich unumwunden zur FDP, die in der gesetzlichen Krankeversicherung künftig einheitliche Arbeitnehmerbeiträge einführen will. Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) wiederum stellte die gerade erst eingesetzte Reformkommission generell infrage.

Auch der Streit über die Hartz-IV-Debatte zwischen Union und FDP hält an. Es dürfe nicht "auf die am unteren Ende der Gesellschaft" gezeigt werden, wenn "am oberen Ende Tausende" ihr Einkommen nicht versteuerten, kritisierte Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) der FAS. FDP-Chef-Guido Westerwelle wiederum hielt unbeirrt an seinen Äußerungen über Hartz-IV-Empfänger fest. "Alles, was man verteilen will, muss erst einmal erwirtschaftet werden", sagte er. "Wer das vergisst, fährt den Sozialstaat vor die Wand." Westerwelle hatte von "spätrömischer Dekadenz" bei Hartz-IV-Beziehern gesprochen.

Und im Südwesten der Republik attackiert die dortige schwarz-gelbe Regierung nun Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Während Schwarz-Gelb in NRW sich für den Kauf einer CD entschied, auf der gestohlene Daten von Steuerbetrügern zu finden sind, entschied sich Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) gegen den Kauf. Die rechtlichen Risiken seien nicht überschaubar, begründete Mappus seine Entscheidung und hält die Kaufentscheidung der schwarz-gelben Regierung in NRW für äußerst fragwürdig. Mappus äußerte sein Unverständnis darüber, dass das Schäuble-Ressort keine "klare Zusage" gemacht habe.

Wie genervt einige Unionsspitzen mittlerweile von den vielen Streitereien in den Koalitionsreihen sind, zeigt sich indes an den immer lauter werdenden Forderungen nach Schwarz-Grün in NRW. Haben sowohl FDP als auch Union bisher lautstark verkündet, der Erfolg der schwarz-gelben Bundesregierung werde am Ergebnis der NRW-Wahl gemessen, gibt es in der Union nun Stimmen, die versuchen, die Bedeutung dieser Wahl herunterzukochen.

Neben Ole von Beust in Hamburg plädiert auch Linksaußen-CDU-Politiker Heiner Geißler ganz offensiv für ein schwarz-grünes Bündniss in NRW. Es sei "nicht sehr intelligent", wenn christdemokratische "Betonköpfe" sich auf lange Sicht allein auf die CDU/FDP-Variante festlegten, sagte der ehemalige CDU-Generalsekretär.

Er betonte zudem: "Ich habe als einer der Ersten schwarz-grüne Bündnisse nicht nur für möglich, sondern auch für nötig gehalten."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • J
    jps-mm

    Vereinnahmung des öffentlichen Dienstes durch CDU

     

    Es sei schließlich "nicht das erste Mal", dass die regierende CDU oder ihre führenden Repräsentanten in Sachsen "auftreten, als seien sie der Staat", sagte sie.

     

    Wohl wahr. Denn Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich selber hat erst kürzlich den Eindruck erweckt, dass er die Interessen seiner Partei nicht recht von den Belangen des Staates unterscheiden kann. In einem Rundschreiben an einige tausend sächsische Landesbedienstete, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, wünschte er kurz vor der Jahreswende nicht nur allen Mitarbeitern eine "frohe Weihnachtszeit".

     

    Der Regierungschef sinnierte auch über seine erfolgreiche Wiederwahl bei der Abstimmung über die Zusammensetzung des sächsischen Landtags im August 2009. Entsprechend wandte er sich mit einem direkten Dankeschön an die Staatsdiener: "Wir haben die Wahlen auch deshalb gewonnen, weil Sie in der Verwaltung unsere politischen Ideen umsetzen", lobte Tillich die Landesmitarbeiter, und er fuhr fort: "Ich danke Ihnen ganz persönlich für Ihren Anteil am erfolgreichen Wahljahr 2009."

     

    Nicht jeder Mitarbeiter fühlte sich von solcherart parteiischem Lob geehrt. In sächsischen Juristenkreisen löste der Brief, der bis heute nicht im vollen Wortlaut veröffentlicht wurde, erhebliche Unruhe aus.

     

    So beschwerte sich der Chemnitzer Sozialrichter Udo Stampa in einem Antwortschreiben an den Ministerpräsidenten, er lasse sich nicht "zum Wahlkampfhelfer der CDU" abstempeln. Seine Urteile werde er weiterhin "im Namen des Volkes und nicht im Namen der Staatsregierung und der sie tragenden Parteien" sprechen.

     

    Ein anderer Jurist aus der Landesverwaltung monierte, mit dem Brief würden "elementare Verfassungsgrundsätze wie die Trennung von Staat und Partei sowie die Pflicht der Beamten zur neutralen Führung ihrer Amtsgeschäfte" verletzt.

     

    Auch der sächsische Beamtenbund und die Steuergewerkschaft wiesen darauf hin, dass Tillichs Formulierungen "den Eindruck einer parteipolitischen Vereinnahmung des öffentlichen Dienstes entstehen" ließen. Den sächsischen Ministerpräsidenten aber ficht das nicht an.

     

    http://www.sueddeutsche.de/politik/406/504616/text/

  • A
    Amos

    Was die Regierung in Berlin für eine feige Bande ist,

    sieht man doch schon daran, dass man den Ländern, allein, die Entscheidung über die Steuer- Hinterzieher

    CDs überlässt. Wenn man nicht mal die Länder unter einen Hut bringt, wie soll dass denn mit der EU gehen.

    Oder wer steht in Baden Württemberg auf der Steuer CD

    drauf? In NRW scheint man weniger zu verbergen haben.

  • R
    Rajol

    Die Ursachen und Folge der sogeannnten Finanzkrise, die in Wirklichkeit eine Systemkrise oder -katholisch gesprochen - eine "Sünde wider demn heiligen Geist" darstellt, wurden nicht ansatzweise politisch refelktiert. Sattdessen zirkulierte die nachfolgende Auseinandersetzung um Steuersenkungen und nun Hartz 4. Und die FDP als eigentliche Pusherin der neoliberalen Katastrophe, konnte so in teutonischer Paradoxie die Meinungsführerschaft übernehmen - unter Obhut von "Mutti", die ihrerseits für die fatale Produktion von "et hät no imma jut jegange" zuständig ist. Und alle spielen diese quantité negleable mit. Irreführung und Dummheit lohnt sich also. Das alles erinnert an die Dummheit der Gefühle, wenn sich wieder einmal alles über Kindesmissbrauch aufregt, man aber systemkonform hinnimmt, dass shareholder value- Entscheidungen Hundert Tausende Tote nach sich ziehen. Es liegt eben daran, dass Gefühle dumm sein können.

  • MN
    Mein Name

    Westerwelle hat eben nicht von "spätrömischer Dekadenz" bei Hartz-IV-Beziehern gesprochen", sondern gesagt:

    "Wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspricht, lädt zu spätrömischer Dekadenz ein."

    Womit er auch absolut recht hat.

    Diese Re-Formulierungen der TAZ sind wirklich nicht nötig.

  • J
    Jan

    Schwarz-Gelb ist wie eine Blitzheirat, denn als man sich noch nicht so gut kannte ,vor den Wahlen, war alles Friede, Freude, Eierkuchen,aber jetzt ,nach den sie "geheiratet" haben, schlagen sie sich gegenseitig die Köpfe ein und wollen noch ernsthafte Politik

    machen. Das geht nicht, da kommt nur ein aufgeregter Guido Westerwelle raus und eine nölige Merkel. Und die Wahlen in NRW können sie auch vergessen.

  • D
    deguo_dabizi

    Verschärfung der Ausbeutung, verminderung der Sozialleistungen und ungebremste Umverteilung von unten nach oben, die Albträume über die "Traumkoalition" haben sich mehr als erfüllt. Zum Glück macht Gier neidisch und Neid macht uneinig. Das demonstrieren die schwarz-gelben Partner wie im Lehrbuch.

    "Weiter so!"

  • V
    vic

    Oh WählerInnen, was habt ihr bloß angerichtet.

    Das setzt sich jetzt noch knappe vier Jahre fort...nein falsch, es sind nur 2,5 Jahre. Danach ist schon wieder Wahlkampf und Zeit für neue Versprechungen, die wir natürlich wieder einmal glauben werden.