: Im Schatten der mächtigen Militärs
■ Bei einer Wiederwahl Bhuttos würde sich der Grundkonflikt mit der Armee wiederholen
Das Grundproblem Benazir Bhuttos ist, daß sie sich nicht an das Übereinkommen mit den Militärs gehalten hat, das es ihr 1988 erst ermöglicht hatte, die Wahlen zu gewinnen. Diese Einschätzung wird von den meisten Politikern in Pakistan geteilt. Die von ihr akzeptierten Bedingungen waren: Die Zustimmung ihrer PPP-Abgeordneten zur Wahl Ishaq Khans zum Präsidenten; Nichteinmischung in militärische Angelegenheiten; Kontinuität der Außenpolitik, die durch den Verbleib im Amt von Yaqub Khan garantiert werden sollte, der bereits unter General Zia Außenminister gewesen war; die Annahme eines Entwicklungshilfeprogramms zu den Bedingungen des Internationalen Währungsfonds; keine Vergeltungsmaßnahmen gegen ihre Verfolger während der Regierung Zia.
Bhutto begriff erst sehr spät, daß sie nicht darauf hoffen konnte, als Premierministerin ein Verhältnis zu den Militärs zu entwickeln, das jenem demokratischer Gesellschaften entspricht. In der Regierungszeit General Zias hatte es keine Spannungen zwischen der politischen Macht und dem Militär gegeben, denn Zia hatte die Voraussicht besessen, seine Funktion als Generalsstabschef nicht aufzugeben. Er übernahm den Vorsitz bei allen Treffen der obersten Kommandanten und hörte sorgsam auf die unterschwelligen Strömungen der Politik der Militärs.
Bei einer Rückkehr Bhuttos an die Macht würde sich an dem Grundkonflikt nicht viel ändern. General Zia hatte einen Verfassungszusatz eingebracht, nach dem der Präsident das Recht hat, das Parlament aufzulösen und eine Übergangsregierung bis zu den nächsten Wahlen zu ernennen. Ihm ist auch das Recht vorbehalten, Richter und Militärkommandanten zu ernennen. Dieser Verfassungszusatz kann nur mit einer Zweidrittelmehrheit sowohl in der Nationalversammlung als auch dem Senat geändert werden. Im Senat, dem indirekt gewählten Oberhaus, sitzen fast ausschließlich PPP-Gegner, die noch während der Ära Zias eingesetzt worden waren. Neuwahlen für den Senat werden erst im kommenden Jahr fällig, und dann auch nur für die Hälfte der Sitze. Die PPP kann also nicht darauf hoffen, die notwendige Zweidrittelmehrheit in beiden Häusern zu erreichen. Aus: 'Far Eastern Economic
Review‘ (4.November 1990)
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