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Im Internet Promis abonnierenGeld verdienen mit Twitter

Mehrere neue Dienste versuchen, aus dem beliebten Kurznachrichten- Dienst Twitter Kapital zu schlagen: Mit kostenpflichtigen Abos für Promis und Experten. Zahlende User fehlen noch weitgehend.

Echte Twitter-Promis wie der Schauspieler Ashton Kutcher mit 2 Millionen Followern lassen sich noch nicht bezahlen. Bild: screenshot twitter.com

Wenn man Twitter-Chef Ev Williams fragt, wann sein megapopulärer Kurznachrichtendienst endlich mit einem echten Geschäftsmodell daherkommt, neigt der Computerspezialist gerne zu einer abschätzigen Geste: Man nehme sich Zeit, sagt er dann, erst einmal ganz groß zu werden, bevor man beginne, das große Geld mit Zusatzangeboten und/oder Werbung zu verdienen. Solange müssen eben die Millionen ausreichen, die man von Investoren eingesammelt hat.

Was für den Boss gilt, muss ab sofort aber nicht mehr für einzelne Twitter-Nutzer gelten: Die können seit kurzem gleich zwei Dienste nutzen, um die von ihnen auf der Plattform eingestellten 140-Zeichen-Weisheiten zu vergolden. Die Firmen Super Chirp und TwitPub erlauben es nämlich, Nachrichten nur noch an zahlende Leser zu verschicken. Will dann beispielsweise ein Börsenguru die heißesten Aktientipps nur noch gegen Gebühr twittern, kann er das für einen Monatspreis tun. "Premium-Content per Twitter" nennt sich die Idee, wobei der Dienstleister jeweils zwischen 20 und 30 Prozent des Umsatzes einbehält.

Noch ist allerdings unklar, ob sich ein solches Geschäftsmodell durchsetzen kann: Bezahlt wird im Internet bekanntlich ungern, zumal Twitter bislang als Gratisangebot bekannt und berühmt ist.

Tatsächlich befindet sich die Premium-Twitter-Branche noch ganz am Anfang. TwitPubs Abodienst-Verzeichnis enthält derzeit erst wenige Dutzend Angebote, die oft recht obskur wirken; populär sind unter anderem Börseninfos, Witze und ein chinesischer Sprachkurs.

Beim Konkurrenten Super Chirp, der grafisch etwas professioneller aufgemacht ist und maximale Monatsgebühren von 9 Dollar 99 anbietet (TwitPub ist bei der Preiswahl völlig frei), wirbt man derzeit mit einem Finanzexperten, der in einer US-Reality-Show auftrat sowie mit einem Web 2.0-Videoblogger, der sich selbst als "lustigster Typ auf Twitter" bewirbt.

Echte Twitter-Promis wie der Schauspieler Ashton Kutcher (aktuell laut Twitterholic.com mit 2 Millionen Followern die Nummer 1 bei dem Dienst), Ellen DeGeneres (1,78 Millionen), Britney Spears (1,74 Millionen) oder Oprah Winfrey (1,3 Millionen) sind bislang noch nicht auf die Idee gekommen, zum Premium-Anbieter zu werden.

Dabei könnte das rein rechnerisch durchaus interessant werden: Würde der US-Basketballstar und fleißige Twitterer Shaquille O’Neal beispielsweise auf die Idee kommen, nur ein Prozent seiner 1,1 Millionen Follower zum Abo eines Superspezial-Twitterfeeds für z.B. 1 Dollar im Monat zu bemühen, hätte er mal eben locker über 105.000 Dollar im Jahr mehr in der Kasse (80 Prozent von 132.000).

Super Chirp und TwitPub versuchen, das Abschließen solcher Abos möglichst leicht zu machen: Mit Diensten wie PayPal wird schnell bezahlt. Während man bei TwitPub gegen Bezahlung Zugriff auf einen für alle Nichtzahler auf "privat" geschalteten Twitter-Account erhält, verschickt Super Chirp Direktbotschaften (Direct Messages, DMs). Beide Dienste nutzen dabei voll Twitters Plattform aus, um den Zugriffsschutz vor Nichtzahlern zu realisieren; das Geschäftliche, sprich: der Bezahlvorgang, läuft extern.

Twitter selbst äußerst sich zu TwitPub und Super Chirp bislang noch nicht, scheint die Idee aber durchaus intensiv zu beobachten. Dort denkt man bislang noch eher daran, große Firmen für Premium-Funktionen zu begeistern, etwa um aus Twitter einen echten Vertriebs- und Supportkanal zu machen, der genauere Statistiken für Marketingleute bietet. Verboten sind Dienste wie TwitPub und Super Chirp laut Twitters Geschäftsbedingungen jedenfalls nicht.

Narendra Rocheroll, Chef von Super Chirp, glaubt an seine Mission. So seien etwa Britney Spears' enorm populäre Twitter-Botschaften "eine verschenkte Chance" in Sachen Premium-Content. Wie viele von diesen, meint er, würden ein paar Dollar im Monat zahlen, um "echt exklusive" Inhalte von ihrem Star zu lesen?

Der viel gelesene IT-Blogger Michael Arrington hält das Vorhaben jedenfalls auch für eine "fantastische Idee". Dienste wie Super Chirp könnten ein Testballon sein, bevor Twitter selbst ähnliches versuche: "Dann wäre Super Chirp natürlich schnell irrelevant." Fragt sich nur, ob sich wirklich genügend Nutzer finden, denen 140-Zeichen-Botschaften von Promis Monatsgebühren wert sind. Was bei SMS auf dem Handy funktionieren mag, lässt sich besonders in der aktuellen Wirtschaftskrise im freien Internet als eher schwer verdaulich an.

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