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Ihr wollt Teletubbies? Da habt ihr!

betr.: „Die vier Spaßmacher“, taz.mag vom 25./26. 3. 00

Warum so zaghaft? Wir stehen am Beginn einer Kulturrevolution: Den Teletubbies gehört unsere Zukunft! In den ersten Lebensjahren, wenn sich die Nervenzellen unter direktem Einfluss äußerer Eindrücke vernetzen und die Hirne unserer Kleinkinder darauf trainiert werden, die über die Mattscheibe flitzenden Lichtpünktchen zu Weltbildern zusammenzusetzen, übernehmen die Teletubbies die Mentorenschaft über ihre hirnorganische Entwicklung. So wird das Erkenntnisvermögen der Generation der Zukunft ebenso nachhaltig geprägt wie deren Sozialverhalten. Das führt schon jetzt zu weit reichenden und die öffentlichen Haushalte entlastenden Konsequenzen:

1. Statt Kitas täglich von 7 bis 18 Uhr möglichst gemeinschaftlicher Teletubby-TV-Konsum. 2. Schließung der Theater, statt dessen Anwerbung auch unter schweißtreibenden Bedingungen arbeitswilliger Arbeitsloser, um in den Städten vor allem in den Einkaufsmärkten von entsprechend gebildeten Sponsoringkonsortien finanzierte Teletubby-Non-Stop-Live-Shows mit entsprechendem Merchandising zu installieren. 3. Da Lehrer als Beamte dem Staatswohl verpflichtet sind, verwandeln sie sich zu allererst in Teletubbies – damit besteht dann auch keinerlei Gefahr mehr, dass sie etwa die Neutralität des Staates in Zweifel ziehende Symbole tragen könnten. 4. Stufenweise Teletubbyisierung der Kultur. [...] Überall muss die Devise gelten: „Ihr wollt Teletubbies? Da habt ihr!“ 5. Ablösung der ja sowieso in Misskredit geratenen Parteien durch Teletubby-Fanklubs und die Besetzung sämtlicher Führungspositionen in Kultur, Wirtschaft und Politik durch Teletubbies. Dass Letzteres längst im Gange ist, kann aufmerksamen Beobachtern nicht entgangen sein. Die Abgeordneten der deutschen Parlamente sind imTeletubby-Verhaltenstraining bereits weit vorangeschritten. Die Kostüme liegen bereit. Sogar Helmut K. und seine Epigonen, einschließlich des gegenwärtigen Kanzlerimitats samt Spielgruppe, bieten sich ganz neue Möglichkeiten. Winke, winke! [...] MICHAEL PIETSCH, Schwerin

Die Redaktion behält sich den Abdruck sowie das Kürzen von Briefen vor. Die erscheinenden LeserInnenbriefe geben nicht notwendigerweise die Meinung der taz wieder.

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