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„Ich hätte mehr Anstand erwartet“

■ Kultursenator Roloff-Momin sieht sich von SPD abserviert. Stahmer widerspricht

Kultursenator Ulrich Roloff- Momin (parteilos) rechnet selbst nicht mehr damit, nach der Wahl am nächsten Sonntag in seinem Amt bleiben zu können. Enttäuscht und verbittert äußerte er sich über das Verhalten der SPD, die ihn für das Amt seinerzeit nominierte. „Ich hätte mehr Anstand erwartet“, sagte Roloff-Momin in einem dpa-Gespräch. Die SPD- Spitzenkandidatin Ingrid Stahmer habe ihn „offiziell zum Abschuß freigegeben“ und Walter Momper das Kulturressort angeboten.

„Ich habe für die SPD im Senat meine Pflicht getan. Insofern ist es eine herbe Enttäuschung für mich, wenn die SPD es nicht für nötig befindet, sich vor ihren Senator zu stellen.“ Spätestens seit der Verpachtung des Schiller Theaters an Peter Schwenkow sei er wohl für bestimmte Funktionäre dieser Partei Persona non grata.

Für die spektakuläre Schließung der Staatlichen Schauspielbühnen mit Schiller- und Schloßpark-Theater 1993, die vom gesamten Senat entschieden worden sei, habe er „die meisten Prügel“ einstecken müssen.

Er stehe noch heute zu der umstrittenen Schließung, weil es für die gewaltigen Einsparzwänge im Haushalt keine Alternative gegeben habe. Zudem sei das Schiller Theater in seiner Struktur völlig verkrustet gewesen. Die Schließung sei eine „Schutzentscheidung für alle bestehenden Einrichtungen“ gewesen und werde ihre Wirkung noch bis in die nächsten Jahrzehnte entfalten.

SPD-Spitzenkandidatin Ingrid Stahmer hat die Äußerungen Roloff-Momins als „Kurzschlußreaktion“ bezeichnet. Den Namen Momper als möglichen Kandidaten für das Kulturressort habe sie seinerzeit mal eher „etwas entnervt“ auf ständiges Fragen der Medien genannt. Daß Roloff-Momin das heute aufgreife, könne sie nur mit Verbitterung erklären.

Für sie seien die bisherigen Senatoren der SPD „die naturgewachsenen Kandidaten“, von denen jeder seine Arbeit ordentlich gemacht habe. „Wenn man sich allerdings selber in den Regen stellt und niemanden vorher Bescheid sagt, daß man mit dem Regenschirm ankommen soll, muß man sich nicht wundern.“ Das treffe zum Beispiel für sein „überfallartiges“ Vorgehen bei der Verpachtung des Schiller-Theaters im vergangenen Sommer zu. Roloff-Momin sei für sie bei einer neuen Senatsbildung auch nicht „weg vom Fenster“, betonte Stahmer. dpa

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