IWF-Hilfe für Ukraine: Die Angst vor dem Staatsbankrott
Der Internationale Währungsfonds (IWF) leiht der Ukraine 16,4 Milliarden Dollar und knüpft daran harte Bedingungen: Unter anderem sollen Sozialleistungen eingefroren werden.
16,4 Milliarden US-Dollar sollen die Ukraine vor dem Staatsbankrott bewahren. Am Mittwochabend gab der Internationale Währungsfonds (IWF) den Kredit frei, der in zwei Tranchen gezahlt werden soll. Dafür muss die Regierung in Kiew einem strikten Finanzplan folgen. Das bedeutet: Sozialleistungen einfrieren, Gaspreise erhöhen, Staatsunternehmen privatisieren und Subventionen abbauen. Die Banken werden schon seit Oktober streng reguliert.
Die Ukraine ist nach Island und Ungarn das dritte Land, das in Folge der Finanzkrise Hilfszusagen des IWF erhalten hat. Auch Pakistan hat schon angefragt. Weitere Länder könnten folgen. Spekuliert wird vor allem über Rumänien, das von der internationalen Ratingagentur Standard & Poors kürzlich in seiner Kreditwürdigkeit auf "junk" herabgestuft wurde, sowie Serbien, die Seychellen und Griechenland.
Die Ukraine ist ein Musterbeispiel für einen Mix aus politischer Instabilität und ökonomischen Problemen eines Schwellenlandes. Das Wirtschaftswachstum wurde zuletzt vor allem mit ausländischem Kapital finanziert. In der Krise ziehen die Anleger ihr Geld nun ab und investieren lieber in sogenannte sichere Häfen wie US-Staatsanleihen oder auch den US-Dollar.
Als Folge davon hat die ukrainische Hrywnja bereits über 20 Prozent gegenüber dem US-Dollar verloren. Stahlbetriebe werden stillgelegt, Berg- und Maschinenbau sowie die Chemieindustrie stehen vor dem Kollaps.
Ein Staatsbankrott würde die Lage noch verschlechtern. Allerdings in erster Linie für die Gläubiger, also etwa die Inhaber von Staatsanleihen: Während es für Unternehmenspleiten ein geregeltes Konkursverfahren gibt, müssen sich die Gläubiger von bankrotten Ländern selbst organisieren. Geberländer haben sich beispielsweise im Pariser Club zusammengefunden, Gläubigerbanken im Londoner Club.
Für den betroffenen Staat ist es schwierig, aus der Zahlungsunfähigkeit wieder herauszukommen. Neue Kredite zu bekommen, wird immer teurer - wenn es überhaupt möglich ist. Und oft kann sich die einheimische Wirtschaft - wenn sie noch existiert - nicht aus eigener Kraft sanieren, worunter vor allem die Bürger zu leiden haben. Das wiederum kann zu politischen Unruhen führen.
Trotzdem gibt es eine lange Geschichte von Staatsbankrotten, wie eine IWF-Studie über die Finanzkrisen der letzten acht Jahrhunderte zeigt. Die erste große Schuldenkrise fand 1557 statt, als das Habsburgerreich zahlungsunfähig wurde. Kaiser Philipp II. speiste damals seine Gläubiger mit festverzinslichen Staatspapieren ab, deren Wert aber rasch verfiel. Auch bei den spanischen Staatsbankrotten im 16. und 17. Jahrhundert wurden die Schulden einfach abgeschrieben. Die französischen Könige ließen ihre Gläubiger zum Teil einfach exekutieren.
Im vergangenen Jahrhundert traf es die asiatischen Länder und Russland nach den jeweiligen Finanzkrisen am härtesten. Auch Deutschland erlebte vier Pleiten: Nach den beiden Weltkriegen folgten 1923 und 1948 Währungsreformen, bei denen viele Sparer ihre Vermögen verloren. 1933 strichen die Nationalsozialisten die Auslandsschulden einseitig. Die Schulden der DDR bei der Bundesrepublik fielen nach dem Anschluss 1990 unter den Tisch.
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