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INTERVIEW"Kernenergie Schnee von gestern"

■ Josef Funk, seit 34 Jahren CDU–Mitglied, hat in einer baden–württembergischen Kleinstadt den CDU/CSU–Arbeitskreis zur "Überwindung der Kernenergie" gegründet

taz: Ein CDU-Arbeitskreis zur Überwindung der Atomenergie. Da ist die Mutterpartei natürlich begeistert. Tandler spricht Ihnen das Recht ab, sich auf CSU und CDU zu berufen, Merschmeier sagt, Sie würden weniger als ein Promille der Parteimitglieder repräsentieren.

Josef Funk: Ich verstehe natürlich den Standpunkt von Herrn Tandler. Wenn ich ein milliardenschweres Projekt wie die Wiederaufarbeitungsanlage im Wald stehen hätte, wäre ich von unserer Initiative auch nicht begeistert. Was die CDU angeht, so hat Generalsekretär Geißler die Partei ausdrücklich dazu aufgefordert, mehr zu diskutieren, Arbeitskreise zu bilden, und genau das tun wir jetzt. Jetzt sind wir vielleicht nur ein Promille, aber es können schnell mehr werden.

Wie beurteilen Sie die Diskussion in Ihrer Partei nach den Vorgängen in Hanau?

Ich glaube, daß die Sensibilisierung in der Partei gewachsen ist. Es ist schwer zu beurteilen, wieweit die Partei und auch der Wähler bereit ist, wirkliche Konsequenzen zu ziehen. Konsequent sein hieße, daß wir auf die Energie der Zukunft setzen, und das ist in keinem Falle die Kernenergie. Wenn unsere Industrie ihre führende Position auf dem Weltmarkt behalten will, dann muß sie heute auf alternative Energien setzen. Die Hanauer Vorgänge waren für uns der endgültige Anlaß für unsere Initiative. Sie haben das Vertrauen in die Beherrschbarkeit dieser Energie vollends untergraben.

Sie wollen ihre Partei zum Ausstieg bekehren. Gleichzeitig ist die CDU mit der Atomindustrie verknüpft, mit handfesten Wirtschaftsinteressen.

Daß unsere Partei hier Querverbindungen hat, stört mich. Es stört mich schon lange. Daß sich die Verbindungsträger der alten Energie also der Kernenergie wehren, ist natürlich klar, aber die Kernenergie ist einfach Schnee von gestern.

Was wollen Sie weiter tun, um ihrer Initiative Leben einzuhauchen.

Wir wollen die Reaktionen auf unsere Gründung abwarten. Jetzt trudeln Rückmeldungen ein. Und wir werden dann versuchen, die Diskussion um den Ausstieg in alle Partei-Gremien zu tragen.

Könnten Sie sich vorstellen, gemeinsam mit SPD, Grünen und Bürgerinitiativen an einer Demonstration – sagen wir in Wackersdorf – teilzunehmen?

Das könnte ich mir schon vorstellen. Sie haben ja in Ihrem Bericht zu Recht geschrieben, daß sich viele unserer Forderungen mit denen der SPD decken. Das ist nun mal so: Wer sich mit dem Ausstieg aus der Kernenergie beschäftigt, der kommt zu ganz ähnlichen Ergebnissen. Von daher kann man auch mal gemeinsam demonstrieren. Es gibt durchaus Verbündete für uns. Aber ich will Ihnen ganz klar sagen: Wer, wenn nicht die CDU, will den Ausstieg aus der Atomenergie schaffen. Nur die CDU kann dies der Industrie beibringen. Interview: Manfred Kriener

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