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INTERVIEW„Von Baker enttäuscht“

■ Gespräch mit Haider Abdel Shafi vom Roten Halbmond in Gaza

Haider Abdel Shafi ist der Vorsitzende des Palästinensischen Roten Halbmonds in dem von Israel besetzten Gaza. Er war ein Mitglied der palästinensischen Delegation, die sich während der Nahost-Reise des US- Außenministers mit Baker in Ost-Jerusalem traf.

taz: Hat nach dem Ende des Krieges die Palästinafrage in den US-amerikanischen Plänen zur Neuordnung des Nahen Osten Platz?

Haider Abdel Shafi: Die Palästinafrage steht nun an der Spitze der Tagesordnung. Die USA und ihre Alliierten haben einen zerstörerischen Krieg im Namen des internationalen Rechts und der Menschenrechte gefochten. Diese Prinzipien müssen auch für uns angewendet werden. Damit steht die Palästinafrage im Rampenlicht und das müssen wir in alle Köpfen einhämmern, damit sich die Alliierten nicht herauswinden.

Das Treffen mit Baker war unter den Palästinensern umstritten. Warum haben Sie daran teilgenommen?

Ich habe geglaubt, daß das Treffen wichtig ist, besonders nach den Äußerungen der USA nach dem Ende des Krieges. Es war wichtig, den Standpunkt der US-amerikanischen Regierung zu untersuchen und dies nicht der Phantasie der Menschen zu überlassen.

Und wie bewerten Sie nun Ihr Treffen mit dem amerikanischen Außenminister?

Das Treffen hat mich davon überzeugt, daß die USA nicht ernsthaft an einer Lösung des Problems interessiert sind. Baker hat nur in Allgemeinplätzen gesprochen, daß die Zeit für Bewegung reif sei und daß sich alle Seiten flexibel zeigen müßten...

Vor dem Baker-Besuch haben Sie sich mit der „Außenminister- Troika“ der EG getroffen. Erhoffen Sie von den Europäern mehr als von den USA?

Die Tatsache, daß die USA mit ihrer Sichtweise Europa überrollt haben, hinterläßt bei uns einen negativen Eindruck über die Fähigkeiten Europas. Sich mit den Amerikanern bedingungslos an eine Seite zu stellen und im Namen der Menschenrechte den Irak zu zerstören, führt zu einem Verlust des Respekts vor Europa bei den Menschen hier.

Trotzdem brauchen wir den Kontakt zu Europa, damit es Druck auf die USA ausübt. Bei unserem Treffen hat die EG-Troika nichts Neues gesagt. Sie respektieren die PLO, auch wenn sie mit Arafat unzufrieden sind, und sie unterstützen eine internationale Friedenskonferenz. Aber Israel setzt sich mit Militärgewalt in den besetzten Gebieten durch. All das Gerede bedeutet nichts in der Praxis.

Welche praktischen Möglichkeiten sehen Sie?

Alle reden jetzt davon, ob die PLO am Friedensprozeß beteiligt werden soll. Das ist im Moment völlig irrelevant, da wir noch weit weg sind vom Verhandlungstisch. Als praktischen Schritt könnte zum Beispiel Israel aufhören, weiter Siedlungen in den besetzten Gebieten zu bauen. Das würde den Palästinensern signalisieren, daß das Problem nun ernsthaft angegangen wird. Damit würde Israel aufhören, ständig seinen Anspruch auf die besetzten Gebiete zu unterstreichen. In der Folge könnte man auch anfangen, eine internationale Friedenskonferenz zu organisieren — sie wäre dann eine praktische Notwendigkeit. Vielleicht könnten wir dann sogar die Intifada anhalten.

Interview: Qassem Gidram

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