piwik no script img

INTERVIEWJo Rau in die Halfpipe!

■ Bochum läd Konsum-Kids zur zweite Skateboardmesse

Im Ruhrpott hat man den Zeitgeist institutionalisiert: Zum zweiten Mal ist Bochum Austragungsort einer großen Skateboard-Messe. Die taz sprach mit Organisatorin Andrea Hillenbach vom Westfälischen Freizeit- und Bildungswerk über Trends, Treue und Traditionen der Bretterkinder.

taz: Andrea, Du bist sowohl Patin als auch Petra Pan der Skater.

Andrea Hillenbach: (Gähn!) Ich kann es kaum noch hören. Ich bin eher zufällig auf den Dreh gekommen, weil ich jemanden kannte, der hier einen Skateboard-Shop hat. Für den habe ich in Essen den Skateboard-Europacup organisiert. So bin ich in die Messeorganisation reingeschliddert. Bei dieser Messe ist uns die Stadt Bochum ein wichtiger Partner. Bochum fördert Skater und hat sogar einen kommunalen Skateboardpark. Hier wurde Skateboardfahren als Trend erkannt. Die Stadt hat sich mit dieser fortschrittlichen Jugendarbeit bereits einen Namen gemacht.

Selbst die lokale SPD sponsort diese Veranstaltung. Wann sehen wir Johannes Rau in der Halfpipe?

Vielleicht schon nächstes Jahr. Wobei ich sagen muß, daß wir nicht soviel offiziellen Kram haben wollen. Unser Publikum ist nicht gewillt, sich endlose Grußworte anzuhören. Außerdem ist die Veranstaltung basisorientiert: Die Kids können sofort auf die Piste und loslegen.

Vorausgesetzt, die Alten haben vorher kräftig gelöhnt. Die Kids sehen aus wie aus dem 'esprit‘-Katalog gestampft. Wieviel müssen fürsorgliche ELtern anlegen, damit der Sohnemann in seiner Ingroup bleibt?

Es kommt drauf an. Ein Billigboard kostet um zweihundert Mark, die Grenzen nach oben sind offen. Die Schuhe halten höchstens zwei Monate, kosten aber genauso viel wie ein billiges Board. Und in Sachen Outfit sind, wie in anderen Teeniecliquen auch, Markentextilien angesagt. Überspitzt gesagt: Eltern, die zwei Skater in der Familie haben, können sich gleich nach einem Zusatzjob umschauen.

Die forcierte Konsumgeilheit der Kids ist doch nicht im Sinne Eurer Ideale...

Stimmt. Weil Skateboardfahren seit Jahren boomt, hat sich die Tradition verwässert. Wie bei allen Subkulturen, die zum Teil hochkulturell aufgemotzt werden, kommt schnell Kommerz ins Spiel.

Wann springt der durchschnittliche Skateboardfahrer vom Brett und hängt es an den Nagel?

Häufig dann, wenn er die erste feste Freundschaft hat. Nur wer dann schon richtig gut ist, zieht Skaten weiter durch.

Wann bist du zuletzt auf einem Skateboard gestanden?

Ungefähr vor eineinhalb Jahren. Aber ich muß gestehen, daß ich gar nicht richtig fahren kann.

Interview: Thomas Meiser

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen