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INTERVIEW„Wir brauchen konkrete Schritte, nicht Versprechen“

■ Für Oppositionsführer Abdullah Nubari darf Kuwait nicht von einem Diktator befreit worden sein, um in den Händen eines Despoten zu bleiben

Frage: Der Emir hat versprochen, die Verfassung wieder in Kraft zu setzen und Wahlen abzuhalten. Glauben Sie daran?

Abdullah Nubari: Es ist nicht genug zu sagen: Jaja, die Demokratie kommt schon... Wir haben schon viele Versprechen gehört, zu viele — und sie wurden nicht erfüllt. Was wir hören müssen, ist ein festes Datum für Wahlen. Was wir hören müssen, ist, wie sie die Verfassungslücke zu überbrücken gedenken, denn es gibt in Kuwait ja keine Legislative mehr. Das brauchen wir: Konkrete Schritte, nicht Versprechen.

Haben Ihrer Ansicht nach der Westen und die Alliierten eine Verantwortung, die kuwaitische Regierung in Richtung Demokratie zu drängen?

Das kuwaitische Volk will keine Einmischung, wir wollen keinen Zwang von außen. Aber was wir wollen, ist moralische Unterstützung. Die westlichen Mächte haben jahrelang auf die Wahrung der Menschenrechte gepocht — nun wollen wir, daß sie sich für die Menschrechte in Kuwait einsetzen. Und es wäre beschämend, wenn der Westen so viele Menschenleben geopfert und so viele wirtschaftliche Kosten in Kauf genommen hätte, all diese Risiken, um Kuwait von einer Diktatur zu befreien, nur um es in den Händen eines despotischen Herrschers zu belassen, der alle Macht in einer Hand konzentriert.

Sie waren während der Besatzung in Kuwait, der Emir und die Regierung waren im Exil. Viele Kuwaitis sind es immer noch — gibt es eine große Kluft zwischen den Dagebliebenen und denen, die gegangen sind?

Zwischen den Leuten gibt es da keinen großen Unterschied. Aber zwischen den Leuten — denen die geblieben sind und denen, die ins Exil gingen — auf der einen und der Regierung auf der anderen Seite gibt es einen sehr großen Bruch. Wir haben die Invasion eines Dikatators erlebt, die Brutalitäten und die grausame Behandlung durch die Iraker, wir haben viele Menschen verloren, Frauen wurden mißhandelt und vergewaltigt, wir haben das Schlimmste durchgemacht — und das ist eine Erfahrung, die den Mut der Leute hier gestärkt hat, sich jeder Not und Härte entgegenzustellen.

Und wie schätzen Sie so die politische Zukunft Kuwaits ein?

Was die Haltung der Regierung betrifft, da bin ich nicht optimistisch. Aber was das Volk betrifft, da habe ich allen Optimismus der Welt. Ich glaube, das kuwaitische Volk ist jetzt bereit, für die Wiedererlangung der Demokratie zu kämpfen. Aber Saudi-Arabien und die Golfstaaten denken immer noch nur daran, die Macht in wenigen Händen zu behalten. Ihnen bereitet es Sorgen, daß in Kuwait ein demokraitscher Prozeß beginnt. Und Demokratie in den arabischen Staaten ist ein komplementärer Prozeß: Es wird keine Demokratie in einem Land geben — und schon gar nicht in einem so kleinen wie Kuwait —, wenn sich in allen anderen Ländern nichts tut. Deshalb hoffen wir sehr, sehr dringend auf eine Demokratisierung im Irak. Interview: Kim Murphy/wps

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