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INTERVIEWKlägliches Politspektakel

■ Gespräch mit den rumänischen Front-Dissidenten und Parlamentsabgeordneten Claudiu Iordache

Iordache war 1989 Mitbegründer des ersten Revolutionskomitees, der Demokratischen Front. Im Frühjahr 1991 trat er aus der Front aus.

taz: In den letzten Monaten sind einige neue sozialdemokratische Parteien gegründet worden. Welche ist Ihrer Meinung nach nun die wahre sozialdemokratische Partei? Selbst die „Front“ bemüht sich doch um eine Aufnahme in die Sozialistische Internationale.

Iordache: In Rumänien existiert ein ausgesprochen linksfreundliches Potential. Die sozialdemokratischen Gruppen sind keine Parteien im wahren Sinne des Wortes. Wir haben in Wirklichkeit gar keine Parteien, sondern nur ein klägliches Politspektakel sogenannter Parteien, die ein lächerliches Dasein fristen. Diese sozialdemokratischen Variationen, die Sozialdemokratische Front zur Nationalen Rettung, die Sozialdemokratische Parlamentsunion, die Traditionelle Sozialdemokratische Partei, die Rumänische sozialdemokratische Partei usw., sind bedeutungslos, weil sie außerhalb des politischen Raumes entstanden sind, in dem eine wirkliche sozialdemokratische Bewegung hätte Wurzeln schlagen können. Ich hatte mir ursprünglich eine von Kommunisten gereinigte sozialdemokratische Partei, ja warum nicht: eine antikommunistische voregestellt.

Was halten Sie von der vom ehemaligen Premier Ceaucescus, Ilie Verdet, gegründeten Sozialistischen Partei der Arbeit?

Eine solche Partei kann heute allein keinen politischen Auftrag erfüllen. Erst durch ein Koalitionsabkommen mit der ultranationalistischen Groß-Rümänien-Partei wäre sie handlungsfähig und würde dann eine äußerst negative Rolle spielen.

Denken Sie selbst daran, in eine andere Partei einzutreten, etwa in die Bürger-Allianz-Partei?

Wenn ich noch genug Kraft haben sollte, möchte ich mich auf die Gründung einer sozialdemokratischen Partei konzentrieren, die dann mit einer Intellektuellenpartei, wie der Bürger-Allianz-Partei, zusammenarbeiten konnte. Das Gespräch führte

William Totok

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