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INTERVIEW„Selbstbestimmung für Serben in Kroatien!“

■ Radovan Karadjic, Vorsitzender der Serbischen Demokratischen Partei (SDS) in Bosnien-Herzegowina

taz: Gestehen Sie Kroatien das Recht auf Unabhängigkeit zu?

Karadjic: Ja. Wenn Kroatien aus dem Staatsverband austreten will, muß Tudjman mit dem jugoslawischen Parlament verhandeln, es gibt das Recht auf Selbstbestimmung. Das muß aber auf legalem Weg geschehen, nicht über eine einseitige Erklärung, nicht mit Waffengewalt, nicht unter Verletzung der Verfassung und des Selbstbestimmungsrechtes der Serben in Kroatien. Die haben auch ein Selbstbestimmungsrecht.

Dazu gleich mehr. Traditionell haben die Serben ein starkes Gewicht in der Bundesarmee.

Die Besetzung der Kommandoposten war zwischen den Völkern Jugoslawiens gut ausbalanciert. Es gab sehr viele slowenische Offiziere, aber relativ wenige kroatische. Die Kroaten mögen diesen Job nicht. Seit Slowenen und Kroaten die Armee verlassen, gewinnen die Serben an Gewicht. Aber das war nicht Absicht.

Sie sprechen von Balance. In einem Interview (taz 29.8.91) beschwerte sich Muhamed Cengic, der stellvertretende Premier, der der muslimischen Volksgruppe angehört, darüber, daß alle drei Corpskommandanten auf bosnisch-herzegowinischem Gebiet Serben sind. Er forderte, daß von den dreien einer Serbe, einer Kroate und einer Moslem sein soll.

Weshalb sollte es denn so sein?

Wegen der Balance, von der Sie sprachen.

Ein Kroate kommandiert die Luftwaffe Jugoslawiens. In Kunonowa (Mazedonien) gibt es einen muslimischen Kommandanten. Die Kommandanten, die in Bosnien- Herzegowina stationiert sind, müssen doch nicht aus Bosnien-Herzegowina stammen. Weshalb will Cengic einen muslimischen Kommandaten in Bosnien-Herzegowina? Plant er vielleicht einen eigenen Krieg? Das ist eine durchsichtige Sache. Wir sehen, was er möchte. Aber wir erlauben es ihm nicht. Er kann einen in Kunonowa haben oder in Belgrad, aber nicht hier. Wir brauchen hier angesichts des Krieges eine republikanische Armee.

Zurück zum Selbstbestimmungsrecht Kroatiens.

Es steht ihnen zu. Zwar müssen sie aber im Parlament einen Antrag einbringen, dort muß dann eine Verfassungsänderung ausgehandelt werden. Dann muß über die Territorien verhandelt werden. Kroatien ist ja kein eigener Staat. Dieses Verwaltungsgebiet umschließt auch serbisches Gebiet, das nie zu einem Staat Kroatien gehörte. Es gehörte zu einer Region, aber nicht zu einem Staat Kroatien. Und es kann in einem neu zu bildenden Staat nur eingegliedert werden, wenn dessen Bewohner selbst das akzeptieren.

Gilt das Selbstbestimmungsrecht denn auch für die Albaner in Kosovo, der ja zu Serbien gehört?

Nein, das ist etwas anderes. Die Kroaten bilden gemäß der Verfassung eine Nation und haben somit ein Recht auf Selbstbestimmung. Die Albaner sind hingegen eine nationale Minderheit, wie etwa die Mexikaner in den Vereinigten Staaten, wie die Südtiroler in Italien.

Das scheint mir doch etwas beliebig. Das ist doch einfach eine Frage der politischen Entscheidung, wem man welchen Status zubilligt.

Nein, nein. Wenn du einen Staat einer Nationalität als Nachbarstaat hast, stellst du eine Minderheit dieser Nationalität in einem eigenen Staat dar. Wenn Albanien hingegen ein Teil Jugoslawiens wäre, dann wären die Albaner in Kosovo nicht eine nationale Minderheit, sondern eine Nation.

Aber dann könnten die Serben ja auch eine nationale Minderheit in einem kroatischen Staat sein?

Ja, in Zagreb, aber nicht in deren eigenem Gebiet. Die Kroaten können ihren Nationalstaat machen, aber sie dürfen nicht einfach serbisches Gebiet mitnehmen.

Könnten Sie ein unabhängiges Kroatien akzeptieren, wenn die Serben Minderheitenrechte erhielten?

Wenn es die Serben in Kroatien akzeptieren, ja. Aber sie werden es nicht akzeptieren. Sie wollen nicht in einem kroatischen Staat leben, unter keinen Bedingungen.

Aber die Kosovo-Albaner wollen ja offenbar auch nicht zu Serbien gehören.

Sie haben es schon lange Zeit einmal akzeptiert. Danach haben sie die Serben aus dem Kosovo herausgedrängt, und so stellen nun dort die Albaner eine Mehrheit dar. Das ist also was ganz anderes. Interview: Thomas Schmid

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