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INTERVIEW„Sanktionen wären ein Schlag ins Wasser“

■ Nach Ansicht der Ökonomin Liliana Djekovic vom Südosteuropa-Seminar der Uni München ist Serbien gegen EG-Sanktionen bestens gerüstet

taz:Frau Djekovic, werden Sanktionen der EG gegen Serbien greifen?

Liliana Djekovic: Sie werden sich als ein Schlag ins Wasser erweisen. Alle Druckmittel gegen Serbiens Wirtschaft sind bereits verbraucht. Nimmt man die Bundesrepublik, so sind die Hermes- Bürgschaften für deutsche Ausfuhren nach Serbien bereits im Juli dieses Jahres gestrichen worden. Kredite auf EG- und IWF-Ebene sind storniert, Hilfen eingestellt. Kredite und Bürgschaften werden nur nach Slowenien und Kroatien vergeben, neuerdings auch nach Bosnien-Herzegowina.

Es geht doch vor allem um die Sperrung der Ölzufuhr aus Griechenland, die über die Pipeline via Makedonien läuft?

Selbst wenn die Pipeline unterbrochen wird, bedeutet das nicht notwendigerweise, daß der Armee der Sprit ausgeht. Hier könnte sich das Abkommen mit der russischen Föderation vom Januar dieses Jahres für Serbien als nützlich erweisen. Damals war der Handel von der im RGW üblichen „Clearing“-Basis auf Devisen umgestellt worden, und das Abkommen legte generell die Bedingungen für den Warenverkehr fest — also auch für Öllieferungen.

Wie könnte das technisch laufen?

Über die Donau. Bulgarien könnte dabei die Rolle des Transporteurs spielen und am Geschäft profitieren. Das Öl würde im Donauhafen Pancero gelöscht und dort auch raffiniert werden. Speziell Bulgarien, das wegen der Makedonienfrage näher an Serbien gerückt ist, hätte mit dem Transport keine politischen Probleme. Und ob Rußland für Sanktionsmaßnahmen gegen Serbien gewonnen werden kann, erscheint mir zweifelhaft.

Ist Serbien wegen des Waffennachschubs auf Westimporte angewiesen?

Serbien verfügt über eine ausgedehnte Rüstungsindustrie. Ob spezielle Rohstoffe, zum Beispiel für die Aufbereitung von Flugbenzin, vorhanden sind, kann ich nicht beantworten, vermute es aber. Wie der Golfkrieg zeigt, ist es im übrigen leicht, Waffen-Embargos zu umgehen.

Steht Serbien im Fall von Sanktionen vor einer Lebensmittel-Versorgungskrise?

Überhaupt nicht. Es gab dieses Jahr eine Rekordernte, Schwierigkeiten mit der Einbringung und dem Transport waren nicht zu beobachten. Die serbische Führung hat also von dieser Seite her keine Unruhen zu befürchten.

Falls Ihre Informationen zutreffen: Wie ist es dann erklärbar, daß die serbische Führung zunächst im Prinzip dem Friedensplan der EG zugestimmt hat?

Meines Erachtens geht es um eine Verzögerungstaktik. Die serbische Maxime lautet, solange man redet, passiert nichts. Sanktionen gegen Serbien würden gleichzeitig die internationale Anerkennung Sloweniens und Kroatiens näherbringen. Es gibt in Serbien zwar Pläne, einem Bund unabhängiger Republiken zuzustimmen, aber gleichzeitig auf „bundesstaatlichen Elementen“ zu beharren. Außerdem wäre mit der völkerrechtlichen Anerkennung Kroatiens und Sloweniens auch die Anerkennung Bosnien-Herzegowinas vorprogrammiert, eine Entwicklung, der die serbische Führung unbedingt vorbeugen möchte. Das Interview führte Christian Semler

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