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INTERVIEW„Das riecht nach Wahlkampf“

■ Die Ausländerbeauftragte Cornelia Schmalz-Jacobsen über die geplante Grundgesetzänderung

taz: Die CDU/CSU hat einen neuen Vorstoß zur Einschränkung von Artikel 16 GG gemacht. Sie haben bei Ihrem Amtsantritt eine „Beteiligung“ an allen Gesetzen und Verordnungen zur Ausländerpolitik herausgehandelt. Was tun Sie denn in diesem Fall nun konkret?

Schmalz-Jacobsen: Bei Asylfragen ist mein Amt gar nicht involviert. Es geht bei meinem Amt um die rechtmäßig hier lebenden Ausländer — das betrifft auch die De-facto- Flüchtlinge, nicht aber die Asylbewerber. Ich finde aber den CDU/ CSU-Vorstoß starken Tobak, denn er lenkt ja ab von der Gesetzesvorlage zur Beschleunigung der Asylverfahren. Ich kann nicht verstehen, daß der Koalitionspartner in dieser Weise vorgeht, nachdem man dieses Gesetz gemeinsam einbringen will. Das riecht nach Wahlkampf. Und verstößt eindeutig gegen den Koalitionsvertrag und das, was sich die Koalition zusammen mit der SPD vorgenommen hat.

Wie oft will sich die FDP so etwas denn noch gefallen lassen?

Nein, die FDP wird sich das nicht gefallen lassen. Das hat der Fraktionsvorsitzende ja auch deutlich gemacht.

Wenn der Koalitionspartner so unzuverlässig ist, müßten Sie doch für eine Beendigung der Koalition reden.

Ach, wissen Sie, darüber reden wir doch gar nicht. Bisher ist der Koalitionsvertrag nicht verletzt worden, und ich erwarte und gehe davon aus, daß das so bleibt.

Auch wenn Sie gegen eine Änderung von Art. 16 sind, so hebelt doch das Schengener Abkommen in der Tat das Grundrecht auf Asyl aus.

Hier sind Verhandlungen notwendig. Die Union sagt, wir müssen das GG ändern, damit wir „europafit“ werden. Die FDP steht auf dem Standpunkt: das tun wir nicht in vorauseilendem Gehorsam. Ob aber in einer europäischen Harmonisierung unsere Verfassungslage in diesem Punkt unberührt bleibt, sei dahingestellt .

Wofür plädieren Sie?

Ich plädiere für eine gesetzlich geregelte Zuwanderung. Ich vermeide das Wort Einwanderungsland, weil alle denken: wir machen die Tore weit auf und jeder kann kommen — und das ist Unfug. Interview: Annette Jensen

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