INTERVIEW: Künstler ins Straßenbild
■ Eine Rundfrageaktion der taz, Teil 4: Kultursenator Ulrich Roloff-Momin zur Pieck- contra Lubitsch-Straße
taz: Herr Roloff-Momin, was halten Sie davon, wenn hier in Berlin eine Straße nach Ernst Lubitsch benannt würde?
Ulrich Roloff-Momin: Eine sehr gute Idee. Ich kann die Initiative nur unterstützen. Lubitsch ist ein bedeutender Künstler, den man hier in Berlin unbedingt mit einer Straße ehren sollte. Ich fände es sogar gut, wenn es die Wilhelm-Pieck-Straße wäre, weil sie eben mit Lubitschs Biographie so eng verbunden ist. Das ist hier ohnehin eine absolute Seltenheit, daß Straßen zum Leben der nach ihnen benannten Personen gehören.
Sie würden also ohne weiteres die Pieck-Straße zu den Akten legen?
Nun ja, eigentlich bin ich kein unbedingter Anhänger der Straßenumbenennungen, die politisch motiviert sind. Schon gar nicht, wenn unbescholtene Leute, die nicht gegen die Menscherechte verstoßen haben, „abgesetzt“ würden. Meine Unterstützung für Lubitsch ist also keine gegen Pieck, sondern dafür, daß mehr Künstler und Künstlerinnen im Stadtbild präsent sind.
Gibt es Möglichkeiten, Personen aus dem künstlerischen Bereich allgemein verstärkt in den Stadtplan, ins Stadtbild zu plazieren?
Sicher, die gibt es im Rahmen der laufenden Umbenennungen ganz gewiß. Das braucht's auch. Wenn man auf den Stadtplan schaut, hat man den Eindruck, Berlin werde im wesentlichen von Männern dominiert — von Politikern, Generälen, Bürgermeistern und Forschern. Künstler fehlen. Und vor allem Künstlerinnen. Else Lasker-Schüler, Hanna Hoech, Ingeborg Drewitz, Therese Giehse und Tilla Durieux — das wären nur ein paar Frauen, deren man unbedingt gedenken sollte. Ich konstatiere: Es gibt eindeutig ein Mißverhältnis zwischen der Bedeutung einer Persönlichkeit für die Stadt und den Straßennamen.
Und was tun Sie konkret dafür, daß mehr Künstlerinnen und Künstler im Straßenbild auftauchen?
Ich habe öffentlich immer wieder darauf hingewiesen, daß dies nötig ist...
Zum Schluß, was schätzen Sie ganz persönlich an Lubitsch?
Ich finde den Reinhardt-Schüler zum einen als Person interessant, zum anderen bewundere ich natürlich seine Arbeiten — insbesondere den Film Sein oder Nichtsein.
Interview: Petra Brändle
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