piwik no script img

INTERVIEWVom Streik wird kein Bereich ausgenommen sein

■ Der Berliner ÖTV-Vorsitzende Kurt Lange zum drohenden Streik im öffentlichen Dienst der Stadt

taz: Streik droht — worauf müssen sich die Berliner einstellen?

Lange: Liegt das Ergebnis der Urabstimmung vor, werden wir die Bürger Berlins darüber aufklären, wo und in welchen Bereichen und zu welchen Zeitpunkten Arbeitskampfmaßnahmen geplant sind. Die Arbeitgeber haben aber noch bis zum Tage der Urabstimmung Gelegenheit einzulenken. Bei einem Streik werden selbstverständlich alle Bereiche, die den öffentlichen Dienst in Berlin gewährleisten, in diesen Arbeitskampf mit einbezogen werden.

In Berlin gibt es in Ost- und Westteil getrennte Tarifgebiete. Es gab den Vorschlag, Berlin aus der Tarifgemeinschaft der Länder herauszunehmen, um dieser Situation gerecht zu werden und zu Sonderlösungen zu kommen. Wird es dazu kommen?

Ich sehe dafür keine Chancen. Die ÖTV hat immer vertreten, daß die Sonderbedingungen in Berlin erfordern, daß der Bundesangestelltentarif-West auch in Ost-Berlin Geltung haben sollte. Wenn die KollegInnen im Ostteil der Stadt überhaupt schon schlechter bezahlt werden, dann sollten sie wenigstens in der vom Senat angekündigten Höhe von achtzig Prozent bezahlt werden. Im Augenblick sehe ich aber keine Möglichkeit, daß sich der Senat damit gegenüber den Arbeitgebern der anderen Länder durchsetzen könnte.

Eine Urabstimmung gibt es nur in West-Berlin. Wird es trotzdem zu Streikmaßnahmen im Ostteil kommen?

Es ist formal nur eine Tarifrunde in den alten Bundesländern und Berlin-West. Niemand kann verhindern, daß sich in Ost-Berlin KollegInnen an Arbeitskampfmaßnahmen in West-Berlin beteiligen. Zumal es sehr viele Schnittstellen in öffentlichen Verwaltungen gibt, wo Dienstleistungen nur im Verbung mit dem Westteil funktionieren.

Kann sich die ÖTV in der besonderen Situation Berlins vorstellen, daß man im Westteil eine geringere Erhöhung in Kauf nimmt, wenn damit die Angleichung in Ost-Berlin beschleunigt wird?

Wenn wir auf etwas verzichten, dann müssen wir auch wissen, daß es auch dort ankommt, wo es gebraucht wird. Das kann niemand garantieren. Die Arbeitnehmer haben bereits jetzt den größten Teil der Einheitskosten finanziert, während die Gewinner der Einheit noch zusätzlich geschont werden — Unternehmenssteuern werden beispielsweise gesenkt. Deshalb ist das nicht der rechte Weg. Andererseits haben wir eine Öffnungsklausel für den Ost- BAT vorgeschlagen, um in Ost-Berlin die Tarife schneller als in allen anderen neuen Bundesländern angleichen zu können. Gespräch: Gerd Nowakowski

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen