INTERVIEW: „Bei der Beratung gibt's kein Rütteln mehr“
■ Uta Würfel, FDP-Bundestagsabgeordnete, war maßgeblich am Kompromißentwurf beteiligt
taz: Frau Würfel, gestern morgen fand ein Gespräch der sogenannten Obleute des Sonderausschusses zum Abtreibungsparagraphen 218 statt. Das heißt, Sie haben sich unter anderen mit Ihren Kolleginnen Inge Wettig-Danielmeier von der SPD und Ursula Männle von der CSU getroffen, um den Ablauf der heutigen Ausschußsitzung festzulegen. Zu welchen Ergebnissen sind Sie dabei gekommen?
Uta Würfel: Das Ergebnis der Besprechung ist die Einigung über die Verfahrensweise. Das heißt, wir, die Hauptinitiatoren, die den Gruppenantrag zur Fristenregelung erarbeitet und miteinander beraten haben, werden ihn einbringen. Dann wird man unter Umständen das Für und Wider diskutieren, wenn Diskutanten da sind. Da bisher noch keine Änderungsanträge vorliegen, können wir allerdings nicht über Änderungswünsche diskutieren.
Können beim weiteren Prozedere die anderen Parteien, CDU/CSU oder Grüne/Bündnis 90, überhaupt noch Änderungswünsche bezüglich des Gruppenantrags einbringen?
Diese Fraktionen sind keine Mitinitiatoren des Gruppenantrags.
Aber einzelne Abgeordnete dieser Fraktionen haben ihn mit unterschrieben und signalisierten damit ihre Unterstützung.
Ja, Bündnis90 schon, aber die PDS nicht. Änderungsanträge können von jedem bis zum 17. Juni eingebracht werden. Sie werden dann beraten und müssen abgestimmt werden. Heute wird es im Ausschuß zu keiner Abstimmung kommen. Das ist vereinbart worden. Am 17.Juni soll dann im Sonderausschuß über alle vorhandenen Gesetzesentwürfe, eventuell auch den von der CSU angekündigten, so es ihn gibt, abgestimmt werden. Damit geschieht, was der Sinn eines jeden Ausschusses ist, nämlich dem Bundestagsplenum eine beschlußfähige Vorlage mit einer Empfehlung des Ausschusses zu erarbeiten.
Bestehen also noch Möglichkeiten der Einflußnahme auf den Gruppenantrag? Aus den Reihen von Unabhängiger Frauenverband/Bündnis 90/Grüne ist zu hören, daß einzelne Abgeordnete sich vorstellen könnten, dem Gruppenantrag zuzustimmen, wenn die Beratungspflicht moderater formuliert wäre. Wie stehen Sie dazu?
Jeder, der den jetzigen Text zur Beratungspflicht und die Begründung für diese Regelung gelesen hat, wird erkennen, welch unendliche Mühe wir uns gemacht haben, die Beratung zu formulieren. Jetzt anzunehmen, daß das, was ein Kreis von 15 Personen mit neun Juristen verabschiedet hat, noch einmal in Frage gestellt werden könnte durch weichere Formulierungen, halte ich für ausgeschlossen. Wir haben uns an die äußerste Grenze dessen gewagt, was wir noch für verfassungsgemäß halten, um den Wünschen der Sozialdemokraten Rechnung zu tragen, und dabei bleibt es. Da gibt es kein Rütteln mehr bei der Beratung.
Es ist aber auch ein Ziel der Beratung formuliert. Die Beratung soll dem Schutz des werdenden Lebens dienen.
Es heißt im Entwurf: „durch Rat und Hilfe für die Schwangere“, und im ersten Satz heißt es, „die Beratung dient dem Lebensschutz“, und das hat sie, verdammt noch mal, auch zu tun. Ich mache es nicht mehr länger mit, daß immer wieder in Frage gestellt wird, daß es sich dabei um ungeborenes Leben handelt, und zwar um Leben von Anfang an. Ich habe wirklich keine Beziehung dazu, wenn Frauen und Kolleginnen und Kollegen einfach leugnen, daß es sich bei einer Abtreibung um eine Tötungstat handelt. Sich einzubilden, das sei nicht so, ist falsch. Ich bin so froh über diesen gelungenen Kompromiß bei der Beratungsregelung, daß ich mir den nicht mehr in Frage stellen lasse. Interview: Karin Flothmann
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