INTERVIEW: „Legalisieren lohnt sich“
■ Bonns Polizeipräsident Michael Kniesel ist für die Legalisierung weicher Drogen
taz: Sie wurden kürzlich mit den Worten zitiert, die kontrollierte Freigabe von Cannabis sei ein probates Mittel, um die organisierte Kriminalität und die Beschaffungskriminalität in den Griff zu bekommen.
Michael Kniesel: Da bin ich nicht korrekt zitiert worden. Mir ging es da um die staatlich kontrollierte und medizinisch betreute Verabreichung von Methadon und gegebenenfalls auch harter Drogen. Wer seine tägliche Ration vom Staat bekommt, muß nicht stehlen oder rauben, selber dealen oder sich mit der Aids-Gefahr für die Allgemeinheit prostituieren; gleichzeitig wird er der organisierten Kriminalität als Kunde genommen. Unangebracht wäre es dagegen, in diesem Zusammenhang von einer Kapitulation des Rechtsstaats zu sprechen.
Und wie nun verhält es sich bei den sogenannten „soft drugs“ wie Haschisch und Marihuana?
Wer glaubt, das Drogenproblem allein mit den Mitteln des Strafrechts lösen zu können, befindet sich auf dem Holzweg. Der Besitz von Cannabis sollte entkriminalisiert werden; aber auch die Einführung des Opportunitätsprinzips in den Händen der Polizei wäre eine denkbare Lösung. Derzeit werden die polizeilichen Kapazitäten zu einem Großteil falsch eingesetzt. Denn solange die Polizei nach dem Legalitätsprinzip verpflichtet ist, jede Straftat zu verfolgen, muß sie die zahllosen Konsumentendelikte administrativ abarbeiten, ohne daß sich dadurch an der örtlichen Fixerszene etwas ändert. Sinnvoller ließe sich diese Personenkapazität beim Kampf gegen die Hintermänner verwenden. Daher würde sich die Legalisierung von Cannabis aus polizeilicher Sicht lohnen.
Sie könnten sich also eine Handhabung des Problems ähnlich wie in Holland auch bei uns vorstellen?
Dort hat sich das im wesentlichen bewährt. Im übrigen ist auch nachgewiesen, daß selbst langzeitiger Haschischkonsum im Gegensatz zum Alkohol jedenfalls keine organischen Schäden verursacht.
Der Gesetzgeber sollte Cannabisbesitz legalisieren?
Wenn ich hier für eine Entkriminalisierung plädiere, heißt das nicht, daß ich etwa Jugendlichen den Haschischkonsum ans Herz legen möchte. Aber schon aus strafrechtsdogmatischen Gründen halte ich eine Differenzierung zwischen harten und weichen Drogen für geboten. Wenn der Gesetzgeber Drogen ächten will, weil unsere Gesellschaft neben Alkohol und Nikotin keine weiteren verträgt, so kann er auch ein präventives Verbot ins Gesetz schreiben. Interview: Hasso Suliak
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen