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INTERVIEWWeg mit der Tarifmauer zwischen Ost und West

■ Bürgermeisterin Christine Bergmann (SPD): Ohne Westtarife für alle bleiben Ungerechtigkeiten bestehen

taz: Ostberliner, die in West-Berlin arbeiten, so hat das Bundesarbeitsgericht klargestellt, müssen nach Westtarif bezahlt werden. Viele andere Ungerechtigkeiten aber bleiben bestehen, zusätzlich entstehen neue Ungerechtigkeiten. Ist die Tarifmauer zwischen West- und Ost- Beschäftigten überhaupt noch haltbar?

Christine Bergmann: Noch liegt uns das schriftliche Urteil nicht vor. Aber das Dilemma ist klar: jede Regelung, die ein Stück Ungleichbehandlung aufhebt, schafft auf der anderen Seite neue Ungerechtigkeiten. Ich freue mich natürlich über jeden, der auf der Hundert-Prozent-Seite ist, aber wir kriegen damit natürlich neue Konflikte.

Ansatzpunkte für neue Musterprozesse gibt es ja mittlerweile genügend. Eine politische Lösung ist schon aus diesem Grunde zwingend.

Es ist klar, daß die Tarifsituation immer schwieriger und unübersichtlicher wird. Politisch gibt es deshalb nur eines: das ist die schnelle Angleichung. Erst dann haben wir dies Problem vom Tisch.

Der Senat hat sich schon bisher für eine Angleichung ausgesprochen. Kann es deshalb in Zukunft anstatt um eine schnelle nur noch um eine sofortige Angleichung von West- und Osttarifen gehen?

Der Senat wird selbstverständlich die Maßgaben des Urteils erfüllen. Aber ich möchte keine Illusionen wecken, die vom Senat allein nicht erfüllbar sind.

... für eine vollständige Angleichung braucht es die Partner aus den anderen Bundesländern.

Das Urteil hat dafür gesorgt, daß das Grundproblem bundesweit deutlicher geworden ist. Möglicherweise haben wir jetzt mehr Partner auf unserer Seite. Bislang sind wir in der Tarifgemeinschaft der Länder weitgehend ohne Unterstützung geblieben. Die Länder sind in der letzten Tarifrunde mit Berlin ja nicht gerade sehr sanft umgesprungen. Das Gespräch

führte Gerd Nowakowski

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