INDONESIEN: PARLAMENT GEWINNT MACHTKAMPF: Keine Ermunterung aus Jakarta
Wahid entlassen, Megawati ernannt – das indonesische Parlament hat einem der Realität entrückten Präsidenten das Mandat entzogen und die bisherige Vizepäsidentin zu seiner Nachfolgerin gewählt. Ein solcher Machtwechsel ist in einer Demokratie nicht alltäglich, aber durchaus gewollt. Doch in der „drittgrößten Demokratie der Welt“, als die Indonesien schon vorzeitig bezeichnet wurde, ist dieser Vorgang noch erstaunlich. Schließlich gelten die Wahlen von 1999 nach dem Sturz des Diktators Suharto als die ersten freien seit 40 Jahren.
Doch was auf den ersten Blick als demokratischer Prozess erscheint, zeigt eher die Mängel des indonesischen Systems – zur Schwäche der Verfassung kommt die Schwäche der politischen Führer. Ironischerweise wollten jetzt viele Parlamentarier, die früher dem Diktator Suharto alles durchgehen ließen, bei den geringfügigen Skandalen Wahids ein Exempel statuieren. Diese Lernfähigkeit wäre zu begrüßen, würde sie nicht da enden, wo auch die Verfassung an die neue Situation hätte angepasst werden müssen. Suharto nutzte das Parlament als willfähriges Instrument. Doch es versäumte, sein neues Recht klar zu definieren: den Präsidenten zur Rechenschaft zu zwingen. Und ein Programm gegen die Wirtschaftskrise sucht man weiterhin vergeblich. Megawati, die sich schon längst hätte einbringen können, hat nichts zu bieten. Sie gilt als so schwach, dass sie gerade deshalb beim Militär attraktiv ist. Zudem verspricht es sich von ihr eine populistische Fassade.
Wahlen allein sind noch keine Demokratie. Eingespielte Institutionen, am Wohl der Bevölkerung orientierte Politiker und eine aufgeklärte Zivilgesellschaft sind ebenso wichtig. Das indonesische Beispiel ist für die autoritären bis diktatorischen Regime in Singapur, Malaysia, Birma und erst recht China überhaupt keine Ermunterung zur Demokratie. Die Machthaber werden leider weiter darauf verweisen, dass eine „wohlwollende“ Diktatur, die auf Stabilität und Wirtschaftswachstum setzt, erfolgreicher ist als das komplizierte westliche Herrschaftsmodell. Indonesiens politische Elite hat es ihnen einfach gemacht. SVEN HANSEN
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