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Archiv-Artikel

INDIEN/PAKISTAN: DIE NEUE REGIERUNG IN DELHI FÄHRT DEN KURS DER ALTEN Nur der Aufschwung entspannt

Indiens neue Regierung verspricht außenpolitische Kontinuität – auch im Verhältnis zum pakistanischen Nachbarn, zu dem sich das Verhältnis in der letzten Zeit etwas entspannt hatte. Doch ob der siegreichen Kongresspartei eine konstruktive Kontinuität gelingt, dürfte weniger von ihr selbst als vielmehr von der jetzt oppositionellen hindunationalistischen BJP abhängen. Außenpolitisch hilfreich war bereits, dass Sonia Gandhi nicht Premierministerin werden wollte. Denn welche Außenpolitik sie auch immer zu verantworten gehabt hätte, sie wäre stets Gefahr gelaufen, dass die BJP die in Italien geborene Politikerin als Verräterin indischer Interessen denunziert. Jeder politische Kompromiss mit Pakistan hätte unter diesem Generalverdacht gestanden.

Vielleicht gerade weil der bisherige Premier Vajpayee von der BJP kam, deren radikale Elemente Pakistan verteufeln und Indiens Muslime als Handlanger Islamabads darstellen, konnte er sich intensiver um einen Ausgleich bemühen, als dies anderen gegen eine BJP-Opposition möglich gewesen wäre. Dabei unterscheidet sich Indiens Außenpolitik unter der Kongresspartei nicht grundsätzlich von derjenigen unter der BJP. So ist Pakistan mit Zustimmung Indiens wieder Mitglied des Commonwealth geworden. Denn sowohl die alte BJP-Regierung als auch die neue, kongressgeführte erkannten, dass Indiens Interessen mehr gedient ist, wenn Pakistan wieder eingebunden wird.

Hinsichtlich Kaschmirs hatte die BJP eine Formel gefunden, die das bilaterale Verhältnis ein Stück weit aus der Geiselnahme durch diesen Konflikt befreit. So einigten sich Indien und Pakistan darauf, Fortschritte erst mal in anderen Bereichen zu erzielen, die dann vielleicht auch zur Lösung der Kaschmirfrage beitragen können. Doch die Frage ist, welche Kräfte sich in der BJP durchsetzen, wenn der moderate Vajpayee abtritt. Sollten die Falken Oberwasser bekommen, könnten sie versucht sein, den Kurs der Kongresspartei anzugreifen, den die BJP unter Vajpayee selbst gefahren hatte. Davor könnte die Kongresspartei wohl nur eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik schützen. SVEN HANSEN