piwik no script img

IN SERBIEN ERSCHEINT MILOŠEVIĆ ERSTMALS BEZWINGBARKampf auf Leben und Tod

Der jugoslawische Generalstabschef Nebojsa Pavković hat die Situation in Serbien auf den Punkt gebracht: Er bezeichnete den Wahltag am 24. September militärisch als „D-Day“. Die Armee würde eine „gewaltsame Machtübernahme auf der Straße“ verhindern. Und damit ja nicht falsch verstanden wird, wer notfalls wen verteidigt, lobte er Präsident Slobodan Milošević als einen „tapferen“ Staatschef, der „mutig“ Entscheidungen treffe, wenn Staat und Volk bedroht seien.

Dem Volk wird drohend die unantastbare Einigkeit der politischen und militärischen Führung vermittelt. Nie zuvor in seiner 13-jährigen Machtära hat Milošević die Armee in eine Wahlkampagne eingespannt. Serbische Oppositionsführer erkennen darin die Bereitschaft von Milošević, die Macht mit allen Mitteln zu verteidigen und die Wahlergebnisse, falls nötig, zu manipulieren. Der Präsident bestätigte diese Befürchtung, als er während der Wahlkampagne seine Gegner mit „Hasen, Ratten und Hyänen“ verglich und die „vermeintliche“ Opposition beschuldigte, die Macht „im Auftrag der Nato“ mit Gewalt erobern zu wollen und den „Verstand der Kinder zu zerstören“. Doch trotz der kämpferischen Aussagen der Armeespitze ist es kaum vorstellbar, dass reguläre Einheiten der Armee den Befehl befolgen würden, auf das Volk zu schießen. Nicht allein wegen moralischer Bedenken. Ein ganzes Jahrzehnt hat Milošević einen gewaltigen Polizeiapparat aufgebaut und die Armee benachteiligt. Darauf wies vor allem Exgeneralstabschef Momćilo Perisić hin, der mit einer eigenen Partei an die Seite der Opposition getreten ist. Er beteuert, dass viele Offiziere Milošević nicht unterstützen würden.

Sowohl für das Regime wie die Opposition sind diese Wahlen ein Kampf auf Leben und Tod. Ein Kompromiss, das heißt die schlichte Anerkennung der Wahlergebnisse, ist auf beiden Seiten kaum vorstellbar. Für seine Gegner ist Milošević die Verkörperung des Bösen, das vernichtet werden muss, bevor man selbst vernichtet wird. Und für Milošević ist die Opposition eine „verräterische Nato-Bande“. Wie immer aber der Kampf ausfallen mag, etwas hat sich schon jetzt verändert: Milošević scheint erstmals bezwingbar. ANDREJ IVANJI

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen