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Archiv-Artikel

IN RUMÄNIEN STEHT DIE BISHERIGE REGIERUNGSKOALITION VOR DEM AUS Die Stunde der Populisten

Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Dieses Sprichwort könnte als Motto über dem Schmierentheater stehen, das dieser Tage auf der Bukarester Politbühne nicht nur den Rumänen, sondern auch der EU vorgeführt wird. Die Hauptakteure in diesem Stück aus reinster byzantinischer Tradition sind zwei populistische Kampfhähne, Präsident Traian Băsescu und Ministerpräsident Călin Popescu Tăriceanu. Was der eine will, widerstrebt dem anderen. Und was beide wollen, weiß keiner.

Von dem andauernden Sperrfeuer zwischen dem Staatschef und dem Regierungschefs profitieren die Rechtspopulisten der Stunde. Einer davon ist der Neureiche Gigi Becali, Chef einer Organisation, die sich „Partei der Jungen Generation“ nennt und die es an die Macht drängt. Das könnte auch schon bald passieren, falls es zu vorgezogenen Wahlen kommt – ein erklärtes Wunschziel von Präsident Băsescu. Er erhofft sich davon mehr politische Stabilität, eine tragfähige Mehrheitsregierung – und schließlich einen gefügigeren Ministerpräsidenten.

Letzten Umfragen zufolge sehen bereits 39 Prozent der Wählerschaft in dem erfolgreichen Politstar Gigi Becali ihren zukünftigen Führer, dem sie die Geschicke des neuen EU-Landes anvertrauen möchten. Mit seinem neuen Wahlspruch „Im Dienste des Kreuzes und des Volkes“ versucht Becali seine zukünftigen Wähler für sich zu begeistern. Er schwadroniert von einer „christlichen Revolution“ – und das kommt gut an in seinem von Korruption, Armut und Zukunftsängsten zerrütteten Land. Auch einige hohe orthodoxe Würdenträger haben ihm bereits versprochen, ihn in seinem Kampf für ein sittliches und christliches Rumänien zu unterstützen. Ein Künstler malte ihn kürzlich im Stil alter Schulbibelillustrationen als neugeborenen Moses, der das unterdrückte rumänische Volk ins gelobte Land führt. Dorthin, wo Milch und Honig fließen. Der angriffslustige Becali betrachtet sich selbst aber nicht nur als einen „Kämpfer für das Licht“, sondern auch als einen Sendboten für ein christliches Europa. Europa sollte das eine Warnung sein. WILLIAM TOTOK