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IM REFORMHAUSSandoz schluckt Eden

■ Baseler Chemiekonzern reitet auf der Bio-Welle

Berlin (taz) — Ausgerechnet der durch seinen Chemieunfall am Rhein berühmt-berüchtigt gewordene schweizer Chemiekonzern Sandoz wird den hessischen Biohersteller Eden kaufen. Vor allem über Reformhäuser vertreibt Eden Gemüsesäfte, Margarine, Honig, Sauerkraut und Sauerkonserven. 205 Beschäftigte setzten damit 1990 rund 90 Millionen DM um. Entlassungen sind Firmenangaben zufolge nicht beabsichtigt.

Unklar ist noch, ob Sandoz die Eden-Gruppe, die Produktionsbetriebe in Bad Soden und Hünfeld besitzt, ganz oder nur mehrheitlich aufkauft. Geschäftsführer Jürgen Großmann bestätigte gegenüber der taz, daß die Familien Großmann und Philipp ihre Drittelanteile und die Eden-Stiftung ihre 16 Prozent verkaufen werden. Die Verhandlungen zwischen Sandoz und der brandenburgischen Genossenschaft „Gemeinnützige Obstbau-Siedlung“, die 17,4 Prozent der Anteile hält, seien hingegen noch nicht abgeschlossen. Der Kaufpreis wurde nicht bekanntgegeben. Als Grund für den Verkauf nannte Großmann Unstimmigkeiten zwischen den Gesellschaftern, die im persönlichen, nicht im wirtschaftlichen Bereich lägen.

Die Obstbau-Siedlung in Oranienburg, nördlich von Berlin, entstand vor der Jahrhundertwende als erfolgreiches Alternativ-Modell gegen Industrialisierung und Landflucht. Später errichtete die Genossenschaft Verarbeitungsbetriebe vor allem für Fruchtsäfte und Marmelade. Während die Genossenschaft in der späteren DDR selbständig weiterarbeitete und auch Eigentümerin des Landes blieb, wurde der Produktionsbetrieb 1972/73 verstaatlicht. Großmann zufolge ist dessen Fortführung nicht gesichert, weil er vollständig heruntergewirtschaftet sei.

Im Westen wurde nach dem Krieg in Bad Soden mit Hilfe der beiden Privatgesellschafter die Eden-Waren GmbH gegründet; aus einer Kapitalerhöhung ging die Stiftung hervor, die vor allem wissenschaftliche Arbeiten zur Vollwerternährung, Vegetarismus, Ganzheitsmedizin und biologischem Anbau fördert. Nach den Angaben des Geschäftsführers ist die Arbeit der Stiftung nicht gefährdet, weil ihre bisherige Beteiligung nach dem Verkauf in Wertpapier- Anlagen umgewandelt werden soll. Die Ernährungssparte von Sandoz ist vor allem durch das Malzgetränk „Ovomaltine“ und das Knäckebrot „Wasa“ bekannt. Daß sich der Chemie-Multi nun ausgerechnet einen Hersteller von Bio-Lebensmitteln zulegt, hält Großmann nicht für problematisch. Schließlich sei der Konzern auch in Frankreich mit Reformhaus- und Diätprodukten erfolgreich. Ganz ausschließen will er negative Reaktionen der Kundschaft aber nicht: „Da mag es Sensibilitäten geben.“ diba

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