: IG Metall will „intelligente“ Tarife
Die IG Metall übt den Spagat: Einerseits wehrt sich die Metallgewerkschaft im Bezirk Unterweser mit Händen und Füßen gegen die Aushebelung des Manteltarifvertrags, der in allen Betrieben gilt – andererseits will sie Flexibilität beweisen, wenn es um betriebliche Vereinbarungen zur Sicherung von Arbeitsplätzen geht. Die Lösung meint jetzt die IGM in ihrem Angebot für die anstehenden Tarifverhandlungen mit einem „intelligenten Tarifvertrag“ für die Metall- und Elektronikindustrie gefunden zu haben: Ein Manteltarifvertrag, der aber zum Thema „beschäfti-gungssichernde Maßnahmen“ den einzelnen Betrieben einen Gestaltungsspielraum offenläßt.
Zu unterschiedlich ist die Lage der einzelnen Unternehmen der Branche, um sie alle mit einem abgeschlossenen Vertrag zu erfassen. Daher soll nach Willen der Gewerkschaft in einem neuen Tarifvertrag eine ganze Latte von Maßnahmen zur Beschäftigung angeboten werden, die zum Teil unter Verzicht auf Einkommenserhöhungen betriebsbedingte Kündigungen vermeiden sollen: die Unternehmen sollen neue Märkte und Produkte erschließen, vor Entlassungen Kurzarbeit anbieten, Teilzeitarbeit ausweiten, befristet die Arbeitszeit herabsetzen, schrittweise die Lebensarbeitszeit verkürzen und Beschäftigungsgesellschaften einrichten. Im Rahmen dieses Maßnahmenkataloges sollen die einzelenen Betriebsräte und Unternehmensleitungen selbständig verhandeln. „Die Bereitschaft der Beschäftigten auf Verzicht ist breit spürbar“, hieß es von der Gewerkschaft.
Erste und wichtigste Forderung in der Taifverhandlung ist aber die Wiedereinsetzung des Manteltarifvertrages „wie er war“, meinte Dieter Reinken von der IGM. Die Arbeitgeber hatten den Vertrag für die etwa 30.000 ArbeitnehmerInnen der Branche im Bezirk Unterweser im November gekündigt. Neben den „beschäftigungssichernden Maßnahmen“ sieht der Entwurf der IG Metall eine Lohnerhöhung um 5,5 Prozent, die Erhöhung der Ausbildungsvergütung um 80 Mark und die Übernahme aller Azubis für mindestens sechs Monate vor. Nächste Woche beginnen die ersten Verhandlungen, Ende Januar läuft die Friedenspflicht aus. Die Metaller gaben sich gestern kampfbereit: „Die Arbeitgeber planen für uns nicht eine Nullrunde, sondern ein Minus von 15 Prozent. Notfalls werden wir uns einen neuen Tarifvertrag erstreiken.“
bpo / Foto: Peter Maier
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