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IG Metall besorgt um Arbeitsplätze50-Jahres-Tief bei Stahlproduktion

Die Unternehmen der Stahlindustrie leiden unter der Flaute bei den Auto- und Maschinenbauern. Allein bei ThyssenKrupp geht es akut um bis zu 2.000 Arbeitsplätze.

Ein Löffelchen voll Stahl muss reichen. Bild: dpa

KÖLN taz | Eine Mahnwache in Bochum, ein Autokorso in Duisburg, mehrere Demonstrationen in Norddeutschland: Mit einem von der IG Metall initiierten Aktionstag haben tausende ThyssenKrupp-Mitarbeiter am Montag gegen einen drohenden Arbeitsplatzabbau protestiert. Der Essener Konzern will im Stahlbereich 1.800 bis 2.000 Stellen streichen. Die IG Metall befürchtet konzernweit den Verlust von mindestens 5.000 Arbeitsplätzen.

"Wer von uns ein Ja zum Umbau will, der muss auch Ja zu Beschäftigungssicherung und echter Mitsprache sagen", forderte der nordrhein-westfälische IG-Metall-Bezirksleiter Oliver Burkhard. "Die Restrukturierung des Konzerns wird nur gelingen, wenn sie mit den und nicht gegen die Beschäftigten gemacht wird." Seit Monaten liegen die Führung um ThyssenKrupp-Chef Ekkehard Schulz und die Arbeitnehmervertreter im Clinch: Der Vorstand will die Kosten drücken und die Führung des Konzerns straffen, betriebsbedingte Kündigungen nicht ausgeschlossen.

Beschäftigte von acht Unternehmen des ThyssenKrupp-Konzerns sowie der Beteiligung Hüttenwerke Krupp Mannesmann hatten sich zur zentralen Kundgebung in der Gebläsehalle des alten Hüttenwerks im Duisburger Landschaftspark auf den Weg gemacht. In Emden demonstrierten 1.500 Werftarbeiter vor den Nordseewerken, an einer Kundgebung bei HDW in Kiel nahmen 1.000 Beschäftigte teil. Flächendeckend hatte die IG Metall zudem bundesweit zu Informationsveranstaltungen an den Konzernstandorten aufgerufen. Auch in Brasilien und den USA beteiligten sich ThyssenKrupp-Mitarbeiter an dem Aktionstag zwei Tage vor der am Mittwoch stattfindenden Aufsichtsratssitzung, auf der über die Neuordnung des Konzerns entschieden werden soll.

Die Flaute bei den wichtigsten Abnehmerbranchen wie dem Maschinen- und Anlagenbau sowie der Automobilindustrie hat die Stahlhersteller mit ihren Branchenführern ThyssenKrupp und Salzgitter in Schwierigkeiten gebracht. Im vergangenen Monat verzeichnete die Eisen- und Stahlproduktion in der Bundesrepublik einen historischen Einbruch. So wurden in den deutschen Hüttenwerken im April nur noch 1,06 Millionen Tonnen Roheisen und 1,88 Millionen Tonnen Rohstahl hergestellt - so wenig wie zuletzt in den Fünfzigerjahren - und 56,8 Prozent weniger Roheisen sowie 53,1 Prozent weniger Rohstahl als im April 2008. "So starke Rückgänge hat es seit Bestehen der Bundesrepublik noch nicht gegeben", so die Experten des Statistischen Bundesamts.

Auch die Recyclingbranche ist von der geringeren Nachfrage nach dem Rohstoff betroffen. Wie die Bundesvereinigung Deutscher Stahlrecycling- und Entsorgungsunternehmen mitteilte, reduzierten die deutschen Hütten im ersten Quartal 2009 ihre Zukäufe an Stahlschrott um mehr als 40 Prozent.

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