ICH WAR MAL LANGLÄUFER : Damals mit Uta Pippig
Wir blinzeln der Sonne entgegen. Wir haben Sportsachen an, ein bisschen neu und anders sehen wir aus. Auf der Admiralsbrücke sitzen die in der Sonne herum, die nicht ahnen, dass die Sonne auf einem Feld in Brandenburg viel besser ist. Wir werden laufen, ja, das kann man in Brandenburg auch besser, überall. Nach zweihundert Metern tun die Beine weh, verdammt, ich war Langläufer, alles weg. Über dem Hafenbecken ein Schwarm Krähen, eine heraufziehende Wolkenbank aus Südwesten. Wir laufen, wir schnaufen, wir laufen. Eine Läuferin, die uns entgegenkommt, ist schwarz gekleidet, auch ihre Mütze, ein wenig sieht sie aus, als könnte sie alles überleben. Sie hebt ihre Hand. Ja, gut, da ist es wieder.
Als Jugendlicher bin ich stundenlang am Teltowkanal entlanggelaufen. Und wir Läufer haben uns gegrüßt, ein kurzes Heben der Hand, das hat uns weitergebracht. Der Knaller war, wenn mir Uta Pippig mit ihrem Trainer, der neben ihr auf einem Fahrrad fuhr, entgegenkam. Ich hob die Hand. Sie hob die Hand. Große Sache. Ich lief Touren mit Gewichten an den Beinen, die ich mir abwechselnd an die Handgelenke legte. Ich hatte, um die Strecke zu schaffen, eine Wasserflasche in einem Gebüsch versteckt. Zu Hause angekommen, trank ich einen Liter Milch.
Das Sonnenlicht im Hafenbecken, die Trauerweiden am Ufer, Pärchen, die händchenhaltend schlendern. Die Hälfte ist zum Glück geschafft, ich möchte keine Milch, Uta Pippig wäre mir jetzt Pipp-egal, Gewichte, das sollen andere machen, ich möchte diese Runde schaffen. Wir schnaufen gleichmäßiger. Ein Bekannter kommt uns joggend entgegen, wir erkennen uns erst, als wir schon fast aneinander vorbei sind und rufen uns ein Hallo zu. „Meine Fresse“, sage ich, „sah der fertig aus!“ Wir werden von einem Mann, der mit drei Schäferhunden unterwegs ist, überholt. Die Hunde hecheln.
BJÖRN KUHLIGK