I N T E R V I E W „Schädlich für die Anti–IWF–Kampagne“

■ Heinz Vilsmeier, Mitglied des Koordinierungsausschusses des BUKO (Bundeskongreß entwicklungspolitischer Aktionsgruppen), begründet die Ablehnung des taz–Symposiums / „Wir müssen die Empfindlichkeiten in Berlin berücksichtigen“ / Gespräch wäre für das Bündnis kontraproduktiv

taz: Ihr habt die taz aufgefordert, ihr Symposium mit Vertretern und Kritikern der Weltbank abzusagen. Dürfen Linke nicht mit der Weltbank reden - nach dem Motto: Mit Pinochet setzt man sich doch auch nicht an einen Tisch? Vilsmeier: Es ist keine moralische Frage, ob man mit Vertretern der Weltbank redet. Aber politisch ist abzuwägen, es notwendig ist, auf so ein Gespräch zu verzichten. Der BUKO ist daran interessiert, für die IWF–Weltbank–Kampagne ein möglichst breites Bündnis aufzubauen. Bisher hat sich die taz in diese Kampagne und das Bündnis nicht eingebracht und ihren Vorschlag zu wenig abgestimmt. Ich meine, daß eine solche Veranstaltung möglicherweise größeren politischen Schaden für die Kampagne bewirkt hätte. Htaz: Nun ist die taz ja keine politische Gruppe, die Bündnisse eingeht. Warum soll sie sich denn dieser Bündnislogik unterordnen? Die taz ist für mich - und nach ihrem eigenen Anspruch - immer noch ein Medium der Linken. Allerdings hat die taz sich bisher Veranstaltungen zur IWF–Weltbank–Problematik kaum zugewandt - über die Berliner Lateinamerikatage im letzten November wurde zum Beispiel kaum berichtet. Hätte das taz–Symposium nicht den eingeladenen Weltbank–Kritikern noch einmal ein anderes Auditorium bieten können, als reine linke Informationsveranstaltungen? So ein Symposium hätte frühzeitiger im Arbeitsausschuß der IWF–kampagne angekündigt werden müssen. Dann hätte die Kritik auch rechtzeitig aufgenommen werden können. Ich bezweifle aber, daß das taz–Symposium eine andere Öffentlichkeit erreicht hätte, als die Veranstaltungen unserer Kampagne. Auch Vertreter der Weltbank garantieren noch keine internationale Öffentlichkeit. Betreibt die Solidaritätsbewegung, wenn sie nur solche innerlinken Diskussionen zulassen will, nicht ihre altbekannte Vervielfältigungsmaschine für Gleichgesinnte? Die Kampagne ist derzeit noch in einem schwierigen Selbstverständigungsprozeß. Vom Autonomenspektrum bis hin zu entwicklungspolitischen „Nichtregierungsorganisationen“ ist da alles beteiligt. Es geht erstmal darum, an möglichst vielen Punkten Konsens über Forderungen und Ziele herzustellen. Meint ihr nicht, daß auch für Euch eine linke Tageszeitung uninterssant wird, die immer erst auf die Verständigungsprozesse wartet, bevor sie sich engagiert? Ein Gespräch mit Weltbankleuten muß davon abhängig gemacht werden, was man damit politisch verfolgt. Ich gehe davon aus, daß es euch nicht darum ging, die Weltbankvertreter im Dialog zu überzeugen. Es ist auch nicht befriedigend, sie einmal mehr öffentlich zu entlarven. Die Konsequenzen, die die Politik von IWF und Weltbank haben, sind offensichtlich. Dafür braucht es kein Symposium in Berlin, um das einem linken Publikum noch einmal zu zeigen. Teilt ihr auch den Vorwurf, die Weltbank könnte die taz–Veranstaltung für die eigene PR–Arbeit nutzen? Natürlich ist nicht ausgemacht, wer aus einem solchen Rededuell die meisten Vorteile zieht,... Den vier Weltbankvertretern sollten immerhin ein gutes Dutzend Kritiker gegenüberstehen... ..aber die entscheidende Frage ist nicht, ob die Weltbank mit den besseren Argumenten überführt werden kann. Wichtig ist, aus welchen politischen oder bündnispolitischen Erwägungen ein solches Gespräch richtig oder kontraproduktiv für das Gelingen der IWF–Weltbank–Kampagne ist. Warum denn konterproduktiv? Wegen der großen Spannweite des Bündnisses. Ihr wißt, daß die Autonomen mit Vertretern der Weltbank nicht reden wollen. Wir sind daran interessiert, daß die Autonomen sich an der Kampagne beteiligen. Dadurch hätte es im Vorfeld zu Konflikten kommen können. Die bürgerliche Öffentlichkeit und die Regierungen könnten dann behaupten, daß Gewalt gegen den IWF–Kongreß vorgeplant sei. Müßtet ihr dann nicht mit den Autonomen als euren Bündnispartnern diskutieren, ob es richtig ist, ein taz–Symposium gewaltsam zu verhindern - statt die taz aufzufordern, die Sache gleich abzusagen? Die Diskussion um ihren Kongreß muß die taz selbst mit den Autonomen führen. Wir führen mit ihnen die Diskussion darum, was für uns die Parole „Den IWF– Kongreß verhindern!“ bedeutet. Wir meinen mit „verhindern“, daß wir durch die Kampagne ein politisches Klima herstellen wollen, das es unmöglich macht, die Tagung von IWF und Weltbank in Berlin geordnet durchzuziehen. Es geht nicht darum, durch gewaltsame Aktionen Veranstaltungen zu verhindern - und auch nicht solche der taz. Wir haben lediglich aus den Empfindlichkeiten heraus, die es in der Stadt gibt, unsere Beteiligung an eurem Symposium zurückgezogen. Das Interview führte Michael Rediske