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Hundert Tote bei Anschlag in Colombo

■ Mitten im Stadzentrum Colombos explodierte zur Hauptverkehrszeit eine Bombe / Bis zu hundert Tote, Hunderte von Verletzten / Die Ratifizierung des Vertrags über die autonome tamilische Region stößt auf erbitterten Widerstand der singhalesischen Extremisten

Colombo (dpa) - Bei einem Bombenanschlag sind am Montag nachmittag im Zentrum von Colombo möglicherweise bis zu 100 Menschen getötet und mehrere hundert verletzt worden. Augenzeugen bot sich ein Bild des Grauens. Ihren Berichten zufolge detonierte der schwere Sprengkörper gegen 17.30 Uhr Ortszeit während der Hauptverkehrszeit. Durch die Explosion, die offenbar Dutzende von Passanten in Stücke riß, wurden mehrere Gebäude beschädigt und etwa 20 Autos zerstört. Der Platz vor dem Bahnhof war mit zerfetzten Körpern der Opfer übersät. Nach Schätzungen der Polizei waren rund um den Ort der Explosion etwa 10.000 Menschen unterwegs. Innerhalb weniger Minuten wurden Dutzende zum Teil schwer verstümmelte Opfer des Anschlags in das Stadtkrankenhaus von Colombo gebracht. Über die Täter herrscht völlige Unklarheit. In Frage kommen Angehörige der radikalen singhalesischen Organisation JVP. Diese Gruppe verübte seit der Unterzeichnung des indisch–srilankischen Friedensabkommens am 29. Juni mehrere Dutzend Anschläge im Süden Sri Lankas. Die JVP will verhindern, daß das Parlament in dieser Woche den Vertrag ratifiziert und die nötigen Verfassungsänderungen zugunsten der Tamilen vornimmt. Das Oberste Gericht hatte am Sonntag verkündet, daß der Entwurf zur Ergänzung der Verfas sung Sri Lankas mit dieser vereinbar sei. Die darin eingeräumte begrenzte Autonomie könne aber nicht weiter gefaßt werden, ohne daß zuvor ein Referendum erfolge. Nach diesem Richterspruch könnten „weder Neu Delhi noch die Tamilen weiter Druck auf Colombo ausüben, um weitere Konzessionen (für die Tamilen) zu erreichen“, sagte ein Beobachter am Montag. Einen Volksentscheid in dieser Frage wollen nach seiner Ansicht beide Regierungen vermeiden. Die Richter stimmten für die Vorschläge mit fünf zu vier Stimmen. Die vier abweichenden Voten wurden von Richtern aus Gegenden mit überwiegend singhalesischer Bevölkerung ausgesprochen, hieß es aus Ministerialkreisen. Trotz dieser richterlichen Festschreibungen wurde in Colombo mit Angriffen von Gegnern der Vorschläge gerechnet. Die Parlamentsabgeordneten der regierenden Vereinigten Nationalpartei (UNP) Sri Lankas sollten deshalb aus Sicherheitsgründen vor der Parlamentsdebatte am Dienstag in ein Luxushotel in Colombo ziehen, nachdem zahlreiche Parlamentarier Todesdrohungen erhalten hatten.

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