: Holocaust-Vergleich untersagt
Das Bundesverfassungsgericht untersagt Tierschützern Werbekampagne mit Holocaust-Vergleich. Eine Verfassungsbeschwerde der Tierschutzorganisation Peta lehnen die obersten Richter ab
BERLIN ap, epd, dpa ■ Tierschützer dürfen Massentierhaltung auch weiter nicht mit dem Holocaust vergleichen. Das Bundesverfassungsgericht hat am Donnerstag die Verfassungsbeschwerde der Tierschutzorganisation Peta gegen das Verbot einer entsprechenden Werbekampagne nicht zur Entscheidung angenommen. Die Werbung sei von den Vorinstanzen zu Recht als „Bagatellisierung und Banalisierung des Schicksals der Holocaust-Opfer bewertet worden“, erklärte das Gericht. Es gebe einen grundgesetzlich verankerten Unterschied zwischen „menschlichem, würdebegabtem Leben“ und den Belangen des Tierschutzes (Az.: 1 BvR 2266/04 und 1 BvR 2620/05).
Im Jahr 2004 wollte der Verein unter dem Slogan „Der Holocaust auf Ihrem Teller“ die Massentierhaltung mit dem Mord an den Juden während der NS-Zeit vergleichen. Dazu sollte neben den gefangenen Tieren ein Bild von toten und lebenden Häftlingen in den Konzentrationslagern gestellt werden.
Der damalige Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, sowie seine Stellvertreter Salomon Korn und Charlotte Knobloch klagten erfolgreich auf Unterlassung. Sowohl das Landgericht als auch das Kammergericht Berlin beurteilten die Kampagne als Verstoß gegen die Menschenwürde. Damit scheide eine Abwägung mit der Meinungsfreiheit der Tierschützer aus.
Spiegel und seine Stellvertreter hatten als Kinder den Holocaust überlebt, ihre Familien waren den Verbrechen großenteils zum Opfer gefallen.
Die zuständige Kammer des Bundesverfassungsgerichts äußerte in ihrem am Donnerstag in Karlsruhe veröffentlichten Beschluss allerdings Zweifel an der bisherigen Begründung der Gerichte. Die Abbildung der Holocaust-Opfer in Zusammenhang mit der kritisierten Tierhaltung verstoße möglicherweise nicht gegen die absolut geschützte Menschenwürde der heute in Deutschland lebenden Juden, sodass die Abwägung mit der freien Meinungsäußerung nicht von vornherein ausgeschlossen sei. Auch wenn die Organisation von der Gleichwertigkeit menschlichen und tierischen Leidens überzeugt sei, liege darin noch „keine verächtlichmachende Tendenz“.
Allerdings kann nach den Worten des Gerichts eine solche Kampagne, ähnlich der „Auschwitzlüge“, eine „schwere Persönlichkeitsverletzung der heute lebenden Juden“ darstellen. Denn die hinter der Strafbarkeit der „Auschwitzlüge“ stehende Überlegung lasse sich auch auf diesen Fall übertragen. Die in Deutschland lebenden Juden gehörten einer „durch das Schicksal herausgehobenen Personengruppe an“, der gegenüber „eine besondere moralische Verantwortung aller anderen bestehe“, lautet Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats wörtlich. Das Verbot sei deshalb zu Recht ergangen.
Peta (People for the Ethical Treatment of Animals) ist nach eigenen Angaben die weltweit größte Tierrechtsorganisation mit mehr als zwei Millionen Mitgliedern.