: Holbrooke fährt nicht
■ Reise des US-Vermittlers nach neuem Zwischenfall in der Ägäis abgesagt
Athen/Ankara (AFP) – Vor dem Hintergrund eines neuen griechisch-türkischen Zwischenfalls hat der griechische Ministerpräsident Kostas Simitis gestern bekanntgegeben, daß der US-Krisenmanager Richard Holbrooke nicht wie geplant nach Athen reisen wird. „Das Programm von Herrn Holbrooke stimmt nicht mit dem der griechischen Regierung überein“, sagte Simitis nach einer Sondersitzung zur griechisch-türkischen Krise. Wegen des erneuten Vorfalls, der sich bereits am Samstag ereignete, legte die griechische Regierung Protest bei der Türkei ein. Nach Angaben des Außenministeriums in Athen gab ein türkisches Patrouillenboot am Samstag abend östlich der Insel Samothraki in internationalen Gewässern Warnschüsse ab und versuchte, zwei griechische Fischerboote zu rammen. Die Regierung in Ankara bestätigte den Vorfall, nannte ihn aber unbedeutend.
Holbrooke, der Architekt des Daytoner Bosnien-Abkommens, hatte in der vergangenen Woche mitgeteilt, er werde im Februar eine Vermittlungsmission in Athen und Ankara unternehmen. Die griechische Regierung mutmaßt, daß die US-Regierung Druck auf sie ausüben will, um, wie von der Türkei gewünscht, über die Hoheitsrechte in der Ägäis neu zu verhandeln. Athen lehnt dies ab und verweist statt dessen auf die Möglichkeit, die Streitigkeiten vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag klären zu lassen. Bei dem Streit, bei dem sich Athen von seinen EU- und Nato-Partnern im Stich gelassen fühlt, geht es unter anderem um die Schürfrechte in der Ägäis, wo Bodenschätze vermutet werden.
Nach Angaben von Simitis wird Griechenland eine umfassende diplomatische Offensive starten, um im Streit mit der Türkei die Unterstützung seiner EU- und Nato- Partner „zurückzugewinnen“. Der griechische Regierungschef teilte mit, er werde zu diesem Zweck in den kommenden Wochen nach Rom, Brüssel, Bonn, Paris und London reisen.
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