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Hohes Wachstum bei SolaranlagenAusbau an der Kapazitätsgrenze

In Deutschland setzt sich der Ausbau der Fotovoltaik rasant fort, die genaue Zahl der Anlagen ist umstritten. Im ersten Quartal 2012 wurden 40 Prozent mehr Solarstrom erzeugt als im Vorjahr.

Schneller Ausbau: Wie in diesem Solarpark bei Frankfurt a.M. wurden in den letzten Monaten zahlreiche Anlagen installiert. Bild: dpa

FREIBURG taz | Der Ausbau der Fotovoltaik in Deutschland ging auch im ersten Quartal 2012 in großem Tempo voran: Vermutlich wurden in den ersten drei Monaten Module mit einer Gesamtspitzenleistung von mindestens 2000 Megawatt installiert. Besonders im März waren die Installationsunternehmen bis an die Kapazitätsgrenze ausgelastet, weil Hauseigentümer und Investoren der massiven Absenkung der Vergütungen zum 1. April zuvorkommen wollten.

Die Financial Times Deutschland hatte jüngst von einem Zubau von 1.900 Megawatt berichtet, ohne allerdings eine Quelle dieser Zahl zu nennen. „Von uns ist die Zahl nicht“, sagte ein Sprecher der Behörde der taz. Die Bundesnetzagentur will die Installationszahlen für Januar und Februar Ende April bekannt geben, der Wert für März ist frühestens Ende Mai zu erwarten.

Branchenkenner vermuten jedoch, dass der Zubau sogar eher noch höher gelegen haben dürfte als der genannte Wert. „Ich glaube, die 1.900 Megawatt sind eher zu niedrig“, sagt Professor Volker Quaschning von der HTW Berlin. Allerdings seien die Unsicherheiten jeder Schätzung derzeit noch groß.

Auch die Firma Energy & Meteo Systems in Oldenburg, die für die Stromwirtschaft Leistungsprognosen der Fotovoltaik macht, geht in ihren eigenen Kalkulationen von einem höheren Zubau aus: „Wir haben Ende Februar mit 23,8 Gigawatt installierter Fotovoltaikleistung gerechnet und gehen aktuell von 26,1 Gigawatt aus“, sagt Geschäftsführer Matthias Lange. Danach ist die Leistung seit Ende Februar also um 2.300 Megawatt gestiegen.

Der Wert dazwischen

Schwierig sind die Bewertungen deshalb, weil unterschiedliche Zahlen kursieren, die jede seriös erscheinen, aber eine unterschiedliche Basis haben: Während die Bundesnetzagentur aufgrund der Betreibermeldungen zum Jahreswechsel bereits von fast 25 Gigawatt ausging, publizierte die Strombörse EEX, die ihre Daten von den Übertragungsnetzbetreibern erhält, Mitte Februar – das ist der aktuellste Wert – eine Leistung von lediglich 22 Gigawatt.

Der wirkliche Wert dürfte dazwischen liegen, da in den Daten der Netzagentur auch immer wieder Anlagen enthalten sind, die doch nicht realisiert wurden. Auch versehentliche Doppelmeldungen kamen schon vor. Die Daten der Übertragungsnetzbetreiber sind hingegen oft zu niedrig, weil bei diesen die Meldungen der tatsächlich angeschlossenen Anlagen oft verspätet eingehen.

Recht präzise sind unterdessen die Zahlen der tatsächlichen Solarstromerzeugung: Im ersten Quartal 2012 lieferten die Fotovoltaikanlagen in Deutschland rund 3,9 Milliarden Kilowattstunden Strom. Im Vorjahreszeitraum waren es 2,7 Milliarden gewesen – der Anstieg lag also bei mehr als 40 Prozent. Im ganzen Jahr 2012 dürfte die Fotovoltaik gut vier Prozent des Strombedarfs in Deutschland decken.

Der Expräsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, glaubt indes nicht, dass es noch Sinn hat, Solarmodule in Deutschland zu fertigen. „Die Produktion eines Solarpanels ist technologisch sicher nicht komplexer als die eines iPads oder eines Flachbildschirms“, sagte Kurth dem Tagesspiegel. Mit China müsse man arbeitsteilig kooperieren. „Apple etwa lässt seine Geräte in China zusammenbauen und behält die Wertschöpfung dennoch in den USA.“

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3 Kommentare

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  • M
    mdarge

    Dieser Matthias Kurth unterliegt einer fatalen Fehleinschätzung. Diese erinnert mich an Aussage von IBM-Chef Thomas J. Watson „Ich glaube, es gibt einen weltweiten Bedarf an vielleicht fünf Computern.“ Angela Merkel hat die Trends auf der Hannover-Messe erkannt und erkennt in Chinas Ministerpräsident Wen einen ernst zu nehmenden Konkurrenten. Technologie und Wertschöpfung werden keineswegs bei uns bleiben. Denn es gilt, learning by doing. Mir war das bereits klar, als ich von "Großer Sprung nach vorn" hörte. Lasst uns alles falsch machen, damit wir lernen, wie es richtig geht. Der Westen lachte sich krank, weil die Chinesen in unfähigen Öfen unbrauchbares Eisen produzierten, wozu auch noch Unmengen an Ressourcen verbraucht wurden. Mittlerweile besitzen die Chinesen mit dem ehemaligen ThyssenKrupp Werk aus Dortmund eins der modernsten Stahlwerke weltweit.

     

    Nur wer die Technik begreift, kann sie entwickeln. Nur wer die Solarmodule zusammenschraubt, hält die Technologie in Händen. Als bezahlten Büttel der Atomlobby sollte man Matthias Kurth nicht allzu ernst nehmen. Doch leider spricht er aus, was die Entscheider denken.

     

    Es heißt, es spiele keine Rolle, wer gerade regiert. Doch Q-Cells, Solon und Odersun können nicht alle den gleichen Managementfehler gemacht haben, First Solar hat nachvollziehbare Gründe, warum sie sich aus Deutschland zurückziehen. Mit dem EEG von 2000 wurde in Deutschland ein kleines Wirtschaftswunder geschaffen. Die Formulierungen des Gesetzestextes wurden von zahlreichen Ländern übernommen. Diese Entwicklung wurde jetzt brutal abgewürgt.

     

    Was machen die Chinesen besser? Ok, sie zahlen Hungerlöhne und verzichten auf Umweltstandards. Doch sie verwenden auch KFW-Kredite. Laut PISA-Studie liegen Korea, Japan und China ganz vorne in den MINT-Fächern. Systematisch werden Kompetenzen ausgebaut, protektionistisch die eigene Industrie geschützt. Einst waren die Araber führend in den Wissenschaften. Jetzt dort uns der gleiche Rückschritt. Geld kann man nicht essen.

  • H
    Hoffmann

    Kurth hat schon viel Unsinn dahergeredet.

     

    Q-Cells fährt die Modulproduktion aktuell gerade wieder hoch - im 4-Schicht-Betrieb!

    Solarworld produziert bisher nur in D u. USA und tut dies weiter.

    Warum sollte man auch die Modulproduktion auslagern wo sie doch nur 5% Arbeitskosten hat weil sie vollautomatisch erfolgt?! Ursache für den Preisverfall sind doch das Dumping chinesischer Hersteller durch Billigkredite, kostenlose Grundstücke, kaum Umweltauflagen, Billiglöhnen. Dennoch machten auch die chines. Hersteller im letzten Jahr Verluste.

  • Y
    yberg

    genau,die fertigung bei q-cells in malaysia wird von entrechteten lohnslavinnen erledigt und dafür hamn wir dann hier nicht die geringste verantwortung.

     

    wann kapiern die vollpfosten hier,daß wir mit den so hergestellten produkten auch die zweit- und drittwelt arbeitsbedingungen importieren.

     

    die unzahl zunehmender prekärer arneitsbedingungen für abhängig beschäftigte und sogenannter scheinselbständiger ,müßte die verantwortlichen doch wachrütteln

     

    wollen wir wirklich sklavenpaneele auf unseren dächern steuerlich fördern, wollen wir verbraucher wirklich sklavenstrom

     

    Quelle: DIE STORY MDR 11.o4.12 20.45