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Archiv-Artikel

Jens Nowotny Hoffnungsträger

Er ist fit. Er ist stolz auf seine hervorragenden Laktatwerte. Und auch mit seinem Knie ist er überaus zufrieden. Jens Nowotny hat einige ganz passable Partien in der Rückrunde abgeliefert. Jürgen Klinsmann hat ihn zum Fitnesstest der Nationalmannschaft eingeladen, und auch Bayer Leverkusen, sein Arbeitgeber, ist wieder richtig nett zu dem 32-jährigen Abwehrspieler. „Er wird sich am Wochenende mit seiner Familie und seinem Berater zusammensetzen. Ich hoffe und wünsche, dass er bei uns bleibt“, sagte der Leverkusener Sportchef Rudi Völler.

Es ist noch keine drei Wochen her, da schickte Nowotny seinem Klub die Kündigung. Dem Spieler wurde die Freigabe erteilt. Das Tischtuch zwischen dem Verein und seinem Angestellten schien zerschnitten. Die Gräben schienen zu tief geworden zu sein, um noch einmal überbrückt werden zu können. Nowotny war gegen Bayer vor Gericht gezogen, hatte geklagt wegen ausgebliebener Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und der Versteuerung eines Handgelds, das er bei einer Vertragsverlängerung erhalten hatte. Rudi Völler zeigte sich „enttäuscht“ von dem Mann, den er als Teamchef der Nationalmannschaft eigentlich immer aufgestellt hatte, wenn er nicht gerade schwer verletzt war.

Und das war Nowotny oft. Es ist noch nicht lange her, da hat er seinen vierten Kreuzbandriss auskuriert. Immer wenn er gerade einmal wieder als Hoffnungsträger in der notorisch schwachen Verteidigung der Nationalmannschaft für unverzichtbar erklärt wurde, versagte etwas in seinen Knien. Als er im Februar des vergangenen Jahres einmal wieder mit schmerzverzerrtem Gesicht vom Platz getragen wurde, glaubte nur noch er selbst an ein Comeback.

Jetzt ist er plötzlich wieder WM-Kandidat. Damit haben die wenigsten gerechnet. Auch nicht Kobundestrainer Jogi Löw: „Ich bin schon überrascht, diese Leistung konnte man von Jens nicht erwarten.“ Nowotny, der selbst gern von seiner Erfahrung schwärmt, ist wieder einmal zum Hoffnungsträger geworden. Ob er der deutschen Innenverteidigung wirklich Sicherheit geben kann, davon darf indes nicht unbedingt ausgegangen werden. Beim Spiel am Samstag in Hamburg war Nowotny Teil jener schwachen Leverkusener Abwehr, die 33 Torschüsse zugelassen hat. ANDREAS RÜTTENAUER