Hochschulpolitik: Studenten kämpfen in der Lobby

Am Machtkampf zwischen den sozialdemkratischen Jusos und anderen linken Hochschulgruppen droht der bundesweite studentische Dachverband fzs zu zerbrechen.

Selbst beim Kampfthema Studiengebühren gibt es Differenzen. Bild: dpa

BERLIN taz Die bundesweite Studierendenvertretung, der freie zusammenschluss von studentInnenschaften (fzs), steht möglicherweise vor der Spaltung. Auf dem Protestcamp "No way left" vom 10. bis 12. August in Marburg wollen die verbandsinternen Kritiker über ihren Austritt entscheiden, nachdem es auf der Mitgliederversammlung Ende Juli zum

Streit gekommen war.

"Der jetzige Dachverband ist an den Unis quasi nicht präsent", sagt Susanne Schmelter, Vorsitzende des Marburger AstA und Mitglied der Grünen Hochschulgruppe, "außerdem hat er die studentischen Proteste gegen Studiengebühren in Hessen kaum unterstützt."

Die fzs-Mitglieder aus Hessen feilen gerade an einer gemeinsamen Austrittserklärung. Sie erwarten, dass sich auch die Studierendenvertreter aus Chemnitz, Jena, Freiberg und von der TU Berlin anschließen werden. Auf dem Protestcamp soll außerdem darüber geredet

werden, ob ein alternatives bundesweites Netzwerk für die Studierenden Sinn macht - oder ob man sich lieber auf die Landesastenkonferenzen konzentriert, also jene Gremien in denen die politischen Vertretungen der Studenten eines Landes zusammenarbeiten.

Hintergrund der neuen Querelen im Verband ist ein schon lange schwelender Grabenkampf im Verband zwischen den sozialdemokratischen Jungsozialisten (Jusos) und anderen linken Hochschulgruppen, der sich an der Frage der Studiengebühren neu entzündet hat. "Die Kritiker sehen im fzs zunehmend einen Lobbyverband, der die eigenen Inhalte über Bord

wirft, um am Tisch der Mächtigen zu sitzen", erklärt Konstantin Bender, Mitglied des früheren Vorstands, der auf der Mitgliederversammlung im Juli abgewählt wurde. "Beispielsweise wollte der Ausschuss der StudentInnenschaften, der die Entscheidungen im fzs fällt, sich nicht an den Protesten gegen die Studiengebühren beteiligen, weil er mit der

Hochschulrektorenkonferenz zusammenarbeitet."

Die Querelen zwischen den radikaleren Linken und den Jusos begleiten den fzs schon seit seiner Gründung 1993. Für die Jusos stellt der fzs eine

studentische Interessenvertretung dar, die durch Lobbyarbeit Einfluss

auf die Hochschulpolitik nimmt. Ihre Gegenspieler dagegen möchten den

fzs gerne für inhaltliche Debatten und zur Unterstützung von politischen

Projekten benutzen. Außerdem wünschen sie sich, dass er mehr Geld für

die Aktionen der studentischen Basis ausgibt.

Seit einer Satzungsänderung im Jahr 2001 gewinnen die Jusos zunehmend an

Einfluss. 2005 kam es deshalb schon einmal zu einer zu einer

Austrittswelle. Rund 90 von insgesamt 345 Hochschulen sind seitdem noch

Mitglied des fzs. Noch behauptet der Verband dennoch etwa eine Million

StudentInnen zu vertreten.

Neben den Konflikten um die Studiengebühren ist die mangelnde

finanzielle Unterstützung von Projekten vor Ort einen weiterer

Streitpunkt. "Wir haben in Marburg eine Kampagne gegen sexuelle

Belästigung an der Hochschule gemacht und dabei eng mit dem

Geschlechterausschuss des fzs zusammengearbeitet. Aber die Kosten

beispielsweise für die Plakate wurden uns nicht rückerstattet", moniert

AstA-Chefin Schmelter. Dabei lebe der fzs von den Beiträgen der

Mitglieder, die für jeden ihrer Studenten 50 Cent bezahlen.

Vom neuen Vorstand fühlen sich die Kritiker nun nicht mehr vertreten:

zwei der vier Neugewählten sind Jusos, die anderen stehen der

Organisation nahe. "Ich hoffe, dass der neue Vorstand jetzt schnell

versucht, mit den Hochschulen zu sprechen, die aussteigen wollen", meint

Ex-Vorständler Bender. Das erste Treffen des neuen Vorstands ist

allerdings erst im September. Dann dürfte es für Vermittlungsversuche

schon zu spät sein.

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