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Hochhaus verdrängt Kugelkino

Neues Hochhausprojekt in der City-West: An der Budapester Straße gegenüber dem Europacenter soll Panoramakino einem Hotelturm weichen. Erweiterung des „Zoo-Palasts“ geplant  ■ Von Oliver G. Hamm

In der City-West am Tauentzien und Breitscheidplatz geht die Verdichtung unvermindert weiter. Auf dem Dreieck zwischen Kant-, Joachimsthaler- und Hardenbergstraße wurde schon im vergangenen Jahr mit der Bauvorbereitung für das „Zoofenster“ begonnen, obwohl das weitere Schicksal von Teppich Kibek noch immer nicht geklärt ist; inzwischen ist die planerische Verantwortung von der Senatsverwaltung für Bauen und Wohnen wieder an den Bezirk Charlottenburg zurückgegangen.

In der Schwebe ist auch die umstrittene Bebauung auf dem Victoria-Areal. Zwar hat das Abgeordnetenhaus im September 1995 einen Bebauungsplan beschlossen, doch möglicherweise wird dieser schon bald korrigiert werden müssen. Denn die Bürgervertreter hatten dem Plan trotz großer Bedenken bezüglich der Baumasse nur deshalb zugestimmt, weil die Victoria-Versicherung in Aussicht gestellt haben soll, dort ihre Zentrale für die neuen Bundesländer einzurichten. Inzwischen hat die Versicherung bekanntlich das Areal an die Deutsche Immobilien Fonds AG verkauft, die ihrerseits an der bisherigen Planung festhalten will. Nun versucht die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, den Bau über eine Änderung des Bebauungsplans nachträglich zu stutzen und einen Wohnanteil von 30 Prozent festzuschreiben. Am 28. Februar wird darüber im Abgeordnetenhaus entschieden.

Ähnlich dem Victoria-Areal bieten noch weitere Bauensembles, vor allem aus den fünfziger und sechziger Jahren Potentiale für umfassende Nachverdichtungen in der City-West. Zum Beispiel das „Zentrum am Zoo“, der Büro- und Geschäftshauskomplex von Paul Schebes und Hans Schoszberger aus den Jahren 1955-57. Das Ensemble aus zwei unterschiedlich hohen Scheibenhäusern, dem sogenannten „Bikini-Haus“, einem Parkhaus und dem größten Kino Berlins („Zoo-Palast“) war seinerzeit der erste Versuch, das Leitbild der aufgelockerten, begrünten Stadt – wie es zur Interbau 1957 nur wenige hundert Meter Luftlinie entfernt im Hansaviertel seinen baulichen Ausdruck fand – auch im kriegsbeschädigten Zentrum West-Berlins umzusetzen. Unbestritten ist, daß das denkmalwürdige Ensemble und sein Umfeld stadträumliche Defizite aufweisen.

Seit 1977 haben die Internationalen Filmfestspiele Berlin (IFB) ihren Sitz im Bikini-Haus. Im Jahr 1978 ließ die Messegesellschaft Berlin im damaligen Luftgeschoß (2. Obergeschoß) – welchem das Haus seinen Namen verdankt – eine Studio-Etage einrichten, um dort erstmals auch eine Filmmesse veranstalten zu können. Seitdem waren die Büros der IFB, der Filmmarkt mit Vorführstudios, das Filmlager, Presseeinrichtungen und Besucherservice unter einem Dach – nahe den rund 15 Festivalkinos und den wichtigsten Hotels. Vor sechs Jahren mußte das gesamte Presse- und Medienzentrum aus Platzgründen ins Haus der Kulturen der Welt verlegt werden. Nun sucht die IFB nach einer Möglichkeit, die Medienvertreter wieder in unmittelbarer Nähe des Festival-Stammsitzes im Zentrum am Zoo (ZaZ) unterzubringen.

Bereits 1992/93 hatte Sony der IFB einen Umzug an den Potsdamer Platz angeboten: Dort werden mehrere Großkinos, Hotels und Büros entstehen. Die Zentrum am Zoo AG als Eignerin des ZaZ war also im Zugzwang und beauftragte die Berliner Architekten Hans Kollhoff und Helga Timmermann, ein Erweiterungskonzept auszuarbeiten. Die IFB hat ihren Flächenbedarf für einen Zeitraum von rund sechs Wochen im Jahr mit 12.000 Quadratmetern und den Bedarf ganzjährig benötigter Büroflächen – für die Berliner Festspiele GmbH und das Filmlager – mit weiteren 4.000 Quadratmetern beziffert. Bislang verfügt sie, einschließlich der Räume der 1994 geschlossenen Staatlichen Kunsthalle, aber ohne das Pressezentrum, nur über 9.450 Quadratmeter.

Die Zentrum am Zoo AG will den Filmfestspielen zusätzlich rund 9.000 qm für Konferenzeinrichtungen und rund 2.500 qm für neue Kinosäle anbieten. Da die von der IFB bloß sechs Wochen jährlich beanspruchten Konferenzeinrichtungen nur ganzjährig wirtschaftlich zu betreiben wären, ist eine Verbindung mit einem Kongreßhotel mit mindestens 300 Zimmern geplant. Eine erste Variante der Architekten für einen kompakten Neubau am östlichen Ende des Baukomplexes, an der Grenze zum Zoologischen Garten, hätte den Abriß des kleineren Hochhauses zur Folge gehabt.

In der gemeinsamen Sitzung des Charlottenburger Bau- und Stadtplanungsausschusses am 31. Januar stellten Kollhoff und Timmermann erstmals ihre aktuelle Planung vor: Sie schlagen als Ergänzung des ZaZ-Ensembles eine Erweiterung des Bikini-Hauses im Bereich des rückwärtigen Tiefhofs vor, dort sollen Räume für den Filmmarkt entstehen. Die Läden an der Vorderfront sollen bis zur Budapester Straße vorgezogen werden – zu diesem Zweck würden die Arkaden verglast. Als neuer westlicher Kopfbau des Bikini- Hauses ist – schräg gegenüber dem Zoo-Palast – ein weiteres Kino mit vier Sälen geplant.

Das Kongreßhotel soll als schlankes Hochhaus auf einem breiten Fuß den östlichen Abschluß des ZaZ am Haupteingang des Zoologischen Gartens bilden. Ihm müßten das Kugelkino und das Parkhaus weichen. „Die Turmlösung findet die Zustimmung der Denkmalpflege, da sie das Solitär- Konzept des Fünfziger-Jahre- Städtebaus aufgreift und das Ensemble durch einen schlanken Baukörper erweitert“, sagen die Architekten.

Der Zoologische Garten steht der Planung ablehnend gegenüber, weil er u.a. eine zu starke Verschattung des Zoos und einen „Domino-Effekt“ in Form möglicher weiterer Hochhäuser entlang der Budapester Straße befürchtet. Auch die Charlottenburger Baustadträtin Beate Profé (Bündnis 90/Die Grünen) ist skeptisch: „In der BVV wird das Hochhaus in dieser Form nicht gewünscht.“ Sie lehnt außerdem die Verglasung der Arkaden des Bikini-Hauses ab.

Kollhoff und Timmermann argumentieren vor allem stadträumlich: „Die während des Wiederaufbaus gekappte Fortsetzung des Kurfürstendamms in die Budapester Straße bedingt die einseitige Abzweigung in die Tauentzienstraße und behindert eine nach dem Fall der Mauer naheliegende Ausrichtung auf die (östliche) Berliner Stadtmitte.“ Daher schlagen sie die Schließung des Straßentunnels und die Wiederherstellung der Gabelung des Ku'damm in Tauentzien- und Budapester Straße vor. Erst dadurch würde das Bikini- Haus als breit lagernder Mittelteil des Zentrums am Zoo zur räumlich erlebbaren Kante des Breitscheidplatzes.

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