: Hoch und nieder!
■ betr.: Startsignal für Mobutus Ende“, taz vom 17. 3. 97
Recht so. Hoch die tapferen Rebellen der heroischen AFDL, hoch der Held Laurent Kabila, hoch die zairische Opposition, hoch das neue demokratische Kongo! Nieder der krebszerfressene „Hahn, der keine Henne unbesprungen läßt“, nieder der kolonial-französische Großmachtswahn, nieder die versprengten Hutu-Milizen, hoch und nieder, jawohl!
Und doch wäre – wenn ich von meinem bescheidenen Wissen ausgehe – Zurückhaltung vielleicht angebracht. Mobutus Niedergang wird kaum jemand bedauern. Ob aber die neue Kongo-Republik soviel besser wird, ist fraglich. Es wäre nicht das erste Mal, wenn europäische Kreise rechter oder linker Couleur einen neuen Diktator mit Vorschußlorbeeren bejubeln. Laurent Kabila hat seine Waffen mit Sicherheit nicht selbst geschmiedet, und wenn sie auch ein Freundschaftsgeschenk sein mögen, so erwartet der Geber mit gleicher Sicherheit ein Gegengeschenk. Daß hinter Kabila anglophile Interessen stehen (ob nun dunkle, diamantne oder kupferne), ist kaum bestreitbar. Schon 1992 bei einem Aufenthalt in Burundi wurde einer ungläubigen Besucherin von bis nach Kinshasa reichenden Großmachtsinteressen der Tutsi erzählt, die sich damals noch im Norden Ruandas von Uganda aus schlugen.
Nieder mit Mobutu, da werden die wenigsten widersprechen. Wie aber wird Kabila beispielsweise mit Sezessionsbestrebungen umgehen, die laut und bald noch lauter werden? Was wird aus den kleinen Anfängen von Selbständigkeit, die sich entwickelten, gerade weil Mobutu seine Zentralgewalt nicht durchsetzen konnte? Daß Frankreich beleidigt eine militärische Intervention fordert, weil es seine Felle davonschwimmen sieht – das kommentieren wir gerne mit einem hämischen ätsch!
Was aber ist der Unterschied für die Zairer – Verzeihung – Neu- Kongolesen, wenn diese Felle geradewegs in die Arme anderer Ausländer treiben? [...] Christiane Reichart, Berlin
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen