: Historischer Schuldspruch in El Salvador
■ Der erste Menschenrechtsprozeß gegen Militärs in der Geschichte El Salvadors spricht Oberst Benavides des Mordes an sechs Jesuitenpatres schuldig/ Sieben weitere Angeklagte freigesprochen
San Salvador (wps) — Eine fünfköpfige Jury hat am Samstag den salvadorianischen Oberst Guillermo Alfredo Benavides des Mordes an sechs Jesuitenpatres und zwei ihrer Mitarbeiter schuldig gesprochen. Benavides, so das Gericht, hat am 16. November 1989 die Morde an den Jesuiten befohlen und organisiert. Gemeinsam mit Leutnant Yusshy Rene Mendoza hat er auch die Angestellte Julia Elba Ramos und ihre 15jährige Tochter Celia getötet.
In dem Verfahren wurden sieben weitere Angeklagte freigesprochen. Eine Urteilsbegründung steht noch aus. Richter Ricardo Zamora muß nun innerhalb von 30 Tagen das Strafmaß verkünden. Auf Mord steht normalerweise 20 bis 30 Jahre Haft.
Benavides, wie viele der ranghöchsten Offiziere des Landes — unter anderem Verteidigungsminister Rene Emilio Ponce — Absolvent der Militärakademie, war in der Mordnacht der verantwortliche Offizier für das Gebiet, auf dem sich auch die Universität von Zentralamerika befindet. Alle Angeklagten außer Benavides — also auch die nun Freigesprochenen — hatten anfangs die Morde eingestanden. Die Geständnisse wurden zwar später widerrufen, bildeten jedoch einen wichtigen Teil der richterlichen Zusammenfassung am Ende des Prozesses.
Danach sammelte ein Offizier die 30köpfige Einheit, Teil des Spezialbataillons „Atlcatl“, und erklärte, man habe einen „Befehl erhalten“, die „intellektuellen Führer der Guerilla auszulöschen“. Benavides habe den Offizieren versichert, ihnen würde nichts passieren und er würde die Männer „unterstützen“.
Mit diesem — nur drei Tage währenden — Prozeß fand zum ersten Mal ein Menschenrechtsverfahren gegen Armeeoffiziere in El Salvador statt. Doch die Atmosphäre im Gerichtssaal stand in keinem Verhältnis zur Dramatik des Geschehenen. Mit monotoner Stimme wurde die 6.000 Seiten umfassende Dokumentation der Zeugenaussagen verlesen. Darauf folgte eine — achtzehn Stunden währende — Debatte zwischen Anklage und Verteidigung. Ein Verteidiger machte dabei auch auf die Gefährdung der Geschworenen aufmerksam: „Jeder kann am Morgen hinausgehen, und keiner weiß, was ihnen nachmittags passiert.“
Mit dem Schuldspruch gegen Benavides ist der Fall nicht erledigt. Die Leitung des Jesuitenordens hat stets betont, daß Benavides nicht allein gehandelt haben kann. Der Provinzial des Ordens für Lateinamerika, Jose Maria Tojeira: „Die geistigen Urheber des Mordes sind nicht zur Rechenschaft gezogen worden.“
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