Hintergrund: Hannah Arendt
Ein kurzer Überblick über Hannah Arendts Leben, Werk und Wegbegleiter - als Hintergrund zu dem Interview mit Antonia Grunenberg und Christina Thürmer-Rohr
Die am 14. Oktober 1906 im heutigen Hannover geborene, aber in Königsberg aufgewachsene Hannah Arendt studierte, gut bildungsbürgerliche Tochter aus jüdischer Familie, Philosophie, Theologie und Griechisch unter anderem bei Martin Heidegger und Karl Jaspers. Jaspers wird ihr Doktorvater, Heidegger (für kurze Zeit) ihr Geliebter. Beiden blieb sie in Freundschaft lange verbunden.
1933 emigrierte Arendt nach Paris, 1941 ging sie nach New York. 1963 wurde sie dort als Professorin für politische Theorie nach Chicago berufen, 1967 an die New School for Social Research in New York.
Hannah Arendt hat ein vielbändiges Werk hinterlassen, aber nie einen autobiografischen Text geschrieben. Berühmt wird ihr Fernsehinterview mit Günter Gaus, aufgezeichnet im Oktober 1964, aus dem der oft zitierte Satz stammt: "Ich will verstehen." Das vollständige Zitat lautet: "Männer wollen immer furchtbar gern wirken; aber ich sehe das gewissermaßen von außen. Ich selber wirken? Nein, ich will verstehen. Und wenn andere Menschen verstehen - im selben Sinn, wie ich verstanden habe -, dann gibt mir das eine Befriedigung wie ein Heimatgefühl."
Hannah Arendt lesen? Empfehlenswert zum Einstieg ist: "Hannah Arendt: Ich will verstehen. Selbstauskünfte zu Leben und Werk". Herausgegeben von Ursula Ludz, Piper, München 1996, 341 Seiten, 10 Euro.
Lektüren der Gesprächsteilnehmenden: Antonia Grunenberg: "Hannah Arendt und Martin Heidegger. Geschichte einer Liebe". Piper, München 2006, 468 Seiten, 22,90 Euro; Christina Thürmer-Rohr: "Verstehen und Schreiben - unheimliche Heimat", in der Zeitschrift Text+Kritik mit ihrer Ausgabe zu Hannah Arendt, Richard Boorberg Verlag, München 2005, 198 Seiten, 22 Euro.
Das Hannah-Arendt-Zentrum ist nach wie vor auf der Suche nach einer Finanzierung für eine kritische Ausgabe sämtlicher Werke und des Nachlasses Hannah Arendts.
Martin Heidegger (1889-1976): Einer der umstrittensten Denker in der deutschen Philosophie des 20. Jahrhunderts. Bekanntestes Werk: "Sein und Zeit" (1927). Am 31. April 1933 wird Heidegger Rektor der Freiburger Universität, am 3. Mai 1933 tritt er in die NSDAP ein.
Karl Jaspers (1883-1969): Professor für Philosophie in Heidelberg und Mitbegründer der Existenzphilosophie. Sein dreibändiges Hauptwerk heißt "Philosophie" (1932). Populär geworden ist er Ende der Fünfzigerjahre mit einer Sammlung von politischen Reden und Aufsätzen: "Die Atombombe und die Zukunft des Menschen".
Sigmund Freud (1856-1939): Ursprünglich Arzt, widmet sich später dem Studium der seelischen Erkrankungen, insbesondere der Hysterie. Ab 1902 Titularprofessor in Wien. Freud wird nie auf einen Lehrstuhl an eine Universität berufen. Begründer der Psychoanalyse als anthropologisches Erkenntnismodell und als Therapie von seelischen Erschütterungen. Freud emigriert 1938 nach dem Anschluss Österreichs an Nazideutschland nach London. Wichtigste Publikationen: "Die Traumdeutung" (1900), "Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie" (1905), "Das Unbehagen in der Kultur" (1930).
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